Die ehemalige dänische Integrations- und Kirchenministerin (2007 – 2011) in den Regierungen unter Anders Fogh Rasmussen III und Lars Løkke Rasmussen, Birthe Rønn Hornbech (V), übt harsche Kritik an ihrer eigenen Partei, da sogar die Linken der liberalen Venstre Partei ihre freiheitlichen Postionen aufgegeben haben. Die derzeitige Regierung ist bereit, die Freiheit der Meinungsäußerung aufgrund von antidemokratischen Äußerungen gesetzlich zu verschärfen. Damit ist Dänemark auf dem Weg, sich geistig auf einen Abgrund zuzubewegen, glaubt die ehemalige Integrationsministerin Hornbech. Der jetzige Kultus- und Kirchenminister Bertel Haarder (Venstre) widerspricht dieser Kritik entschieden.

„Man muss sich manchmal fragen, ob nicht die größten Hassprediger bei uns zu Hause sind, und man muss sie nicht an anderer Stelle wie in den Moscheen suchen.“
So heftig lautet der Vorwurf aus dem Mund der ehemaligen Venstre Integrationsministerin Birthe Rønn Hornbech, die ihre scharfe Kritik an die Regierungspartei und an eine Mehrheit im Parlament richtet, die die Verschärfung der Meinungsfreiheitsgesetze aufgrund der Reden von Hasspredigern und deren weiteren antidemokratischen Äußerungen unterstützen.
Nach Hornbechs Standpunkt hat eine Verschärfung bestehender Meinungsfreiheitsgesetze keinerlei präventive Wirkung in Bezug auf kriminelle extremistische Meinungen. Es führt im Gegenteil lediglich dazu, dass die radikalen Stimmen nur noch fester auf ihre Positionen verharren, sagt sie.
„Wie war es möglich, dass sogar ein Mann wie Ahmed Akkari seine Meinung zu änderte?“

Ahmed Akkari beteiligte sich seinerzeit gemeinsam mit dem dänischen Imam Ahmad Abu Laban an der Kontroverse über die Mohammed-Karikaturen durch das Verfassen des sogenannten Akkari-Laban-Dossiers. Akkari und Abu Ladan gehörten einer Delegation dänischer Gläubige an, die das Dossier in islamischen Ländern verbreiteten und maßgeblich am Aufflammen von teilweise sehr gewalttätigen Protesten in mehreren Teilen der muslimischen Welt gegen dänische Einrichtungen verantwortlich waren. Im Dossier wurde unter anderem behauptet, das Klima in Dänemark nach der Publikation der Mohammed-Karikaturen leiste dem Rassismus Vorschub. Außerdem wurden dem Dossier neben den zwölf ursprünglichen Karikaturen der dänischen Zeitung Jyllands-Posten weitere drei Abbildungen hinzugefügt, deren Herkunft ungeklärt ist. Darunter befand sich als vermeintliche Mohammed-Darstellung unter anderem ein verfremdetes Agenturfoto eines Franzosen, der in einem Jux-Wettbewerb ein Schwein imitiert. Dieses und die weitere Bilder heizten antidänische Aggressionen zusätzlich an. Ende Juli 2013 beteuerte Akkari in mehreren Interviews, dass er sein Verhalten während der „Mohammed-Krise“ zutiefst bereue.  Bei dem unter ständigem Polizeischutz stehenden Karikaturisten Kurt Westergaard entschuldigte er sich zudem persönlich. Infolge seiner offiziellen Abkehr vom radikalen Islam wurde Akkari dann selbst zum Ziel von Drohungen radikaler Muslims.

„Wir schaffen uns damit nur eine Untergrundgesellschaft, wenn wir glauben, derartige Äußerungen verbieten und bestrafen zu können. Es ist heuchlerisch, weiterhin über die dänische Werte zu sprechen, wenn wir sie nicht selbst leben“, sagte Hornbech am Samstag. So glaubt sie, Dänemark bewege sich geistig in den Abgrund, wenn selbst radikalen Ansichten nicht die Möglichkeit eingeräumt werde, in offene Debatten einzutreten.

„Dänemark ist geistig auf dem Weg zum Abgrund. Und auf dem Weg dahin verhält sich das Parlament, als hätten wir kein geistiges Rüstzeug gegen extremistische Kräfte. Sie haben dort noch nicht begriffen, dass es ein Ausdruck von reinen totalitären Tendenzen ist, Meinungen zu kriminalisieren „, sagt Hornbech, und fügt hinzu: „Aber es zeigt auch, dass wir ein Parlament, bestehend aus Menschen haben, die über keinerlei Erfahrung mit der menschlichen Natur verfügen.“

Die Regierungspartei Venstre hat nach den Terroranschlägen im vergangenen Jahr und den TV2 Maulwurf-Aufnahmen in der  Moschee von Grimhøj (Aarhus) die Führung gegen ein härteres Vorgehen gegen Hassprediger und deren Predigten eingenommen, welche die Demokratie kritisieren oder untergraben, wie es heißt. Dieses veranlasst Hornbech, eine harte Breitseite auf die Venstre Partei abzuschießen, die, wie sie meint, ihre einstigen liberalen Grundsätze verlassen hat.

„Die Venstre hat ihre liberalen Positionen vollständig aufgegeben. Sie verstehen nicht, was Freiheit ist, sie laufen einfach dem Populismus nach. Sie glauben fälschlicherweise mit diesen Aktionen bei den Wählern profitieren zu können, während die Dänische Volkspartei sich zurücklehnt und sagt, „plus Mehrwertsteuer“, „glaubt die ehemalige Integrations- und Kirchenministerin der Venstre Partei.

Der Kultus- und Kirchenminister Bertel Haarder, der die Verhandlungen über die Kriminalisierung in Bezug auf den antidemokratischen Diskurs führt, lehnt die Kritik von Hornbech schlichtweg ab und versichert, man werde sich an die Grundregeln der Meinungsfreiheit halten. „Ich bin so liberal und aufgeschlossen wie Hornbech, und ich habe kein schlechtes Gewissen mit dem, was wir tun. Es hält sich im Rahmen der Verfassung, der Konventionen und der Rechtsstaatlichkeit. Natürlich ist es sehr bewegend, dass sie für die Redefreiheit von Imame kämpft. Ich denke aber, die Kritik besteht darin, weil man nicht erwartet, dass wir von der Verfassung und der Rechtsstaatlichkeit Gebrauch machen „, sagt Bertel Haarder und lehnt jegliche Verweis auf Populismus ab. „Es ist eine schwierige Aufgabe, und einiges von dem, was wir tun, soll in erster Linie Signalwert haben, aber es ist wichtig, Signale auszusenden.“

von

Günter Schwarz – 15.05.2016