Wer mit seinem Auto seit Februar dieses die dänische Grenze passierte, musste bereits damit rechnen, dass sein Autokennzeichen mit ziemlicher Sicherheit gescannt wurde, da alle vorbeifahrenden Fahrzeuge in einer Testphase von 24 stationären Lesegeräten in Grenznähe erfasst wurden. Diese Testphase ist nunmehr erfolgreich abgeschlossen, und so ist man zu dem Entschluss gekommen, die Überwachung von Autokennzeichen landesweit flächendeckend auszuweiten.

Von 100 stationären Lesegeräten werden die Kennzeichen und Bewegungsdaten der passierenden Fahrzeuge zukünftig 24 Stunden am Tag digital gescannt und von einem Zentralrechner aufgezeichnet. Hinzu kommen 48 Polizeifahrzeuge, die mit einem der mobilen ANPG-Geräte ausgestattet sind und die ebenfalls nahezu rund um die Uhr auf der Straße sein können. Schätzungen zufolge werden die Polizeifahrzeuge ca. 40.000 Fahrzeuge monatlich erfassen, und zusammen mit den stationären Geräten wird man auf eine Summe von um die 600.000 elektronisch registrierter Fahrzeuge kommen.

Der dänische Justizminister Søren Pind (Venstre) erwartet von dieser Überwachung des fließenden Verkehrs eine wesentlich höhere Aufklärungsrate vornehmlich bei Eigentumsdelikten durch Einbrüche und Raubüberfälle, die auch in Dänemark oft durch mobile, gut organisierte ausländische Banden begangen werden. Auch hat sich schon in der Testphase gezeigt, dass der Schmuggel und illegale Grenzübertritte an der einzigen Landgrenze Dänemarks, die Grenze zu Deutschland, wirksam eingedämmt werden konnten.

Die Erfassung erlaubt etwa den standardisierten Abgleich vorbeifahrender Fahrzeuge mit den polizeilichen Registern. Für die Polizei ist somit ausschließlich die Anzahl von „Treffern“ interessant, wobei ein Treffer auftritt, sobald ein fotografiertes Kfz-Kennzeichen bzw. ein Nummernschild in dem Polizeiregister mit Informationen wie mit dem Skat Motor Register, dem Verbrechen Register oder dem Schengener Informationssystem übereinstimmt. Diese Fahrzeuge samt ihren Fahrzeugführern werden dann ganz gezielt „herausgefischt“ und überprüft.

Von deutscher Seite schlug dem dänischen Justizminister in der Person des schleswig-holsteinischen Verkehrsministers Reinhard Meyer weniger Euphorie entgegen. Er äußerte sich sehr besorgt über die flächendeckende Ausdehnung der Kennzeichen-Überwachung durch die dänische Polizei. „Das widerspricht dem Geist der langjährigen und guten Partnerschaft in Wirtschafts- und Verkehrsangelegenheiten mit Dänemark“, sagt der SPD-Politiker in Kiel, „ und die Überwachung zeuge von einem Misstrauen gegenüber allen Autofahrern, die die Grenze queren.“

Nach Angaben der dänischen Polizei gelten für die gesammelten und gespeicherten Daten unterschiedliche Speicherfristen. Bei zielgerichteten Kontrollen dürften die Daten maximal 30 Tage aufgehoben werden, sofern sie nicht bereits polizeilich bekannt sind. Bereits zuvor im Rahmen einer Fahndung erfasste Fahrzeugdaten können je nach Hintergrund zwischen drei Monaten und zwei Jahren gespeichert werden. Verdachtsunabhängig gesammelte Daten würden nach spätestens 24 Stunden gelöscht. In besonderen Fällen wie z. B. bei terroristischen Anschlägen kann die Reichspolizei von diesen Vorgaben abweichen.

Selbstverständlich regt sich auch im Königreich Dänemark Widerstand gegen diese „totale Überwachung“ aller Bürger und die „Datensammelei“. Jesper Lund, Präsident des Vereins „IT-politische Vereinigung“, der gegen die private Massenüberwachung der Bürger kämpft, bezweifelt sehr, dass diese Polizeimaßnahme ausschließlich auf die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten ausgerichtet ist und letztlich nur ein weiterer Schritt zum „gläsernen Bürger“ ist.

von

Günter Schwarz – 21.05.2016