Deutschland und die anderen fünf «Gründerstaaten» der Europäischen Union erhöhen ihren Druck auf Großbritannien, nach dem Brexit jetzt nicht auf Zeit zu spielen, sondern rasch mit konkreten Verhandlungen über einen Austritt aus der EU zu beginnen.

„Dieser Prozess sollte so bald wie möglich losgehen, dass wir nicht in eine lange Hängepartie geraten“, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nach einem Treffen der Außenminister der sechs EU-Staaten in Berlin.

Zu den Gründerstaaten der Union, die bei der Gründung 1957 zunächst Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) hieß, zählen neben Deutschland Frankreich, Italien, Belgien, die Niederlande und Luxemburg. In der EU wird befürchtet, dass London bei den Verhandlungen über den Ausstieg aus der EU auf Zeit spielt.

Außenminister Jean Asselborn sagte mit Blick auf London: „Ich hoffe, dass wir hier kein Katz- und Mausspiel machen. Das passe weder zur EU noch zu Großbritannien. Hier muss Klarheit sein. Das Volk hat gesprochen. Und wir müssen diese Entscheidung umsetzen.“

Großbritannien müsse nun sehr schnell den in Artikel 50 des Lissabon-Vertrages festgelegten Mechanismus zum Austritt in Gang setzen. „Wenn das nicht geschieht (…), kann es geschehen, dass eine Periode von vier Monaten, vielleicht noch mehr, eine Periode der Unsicherheit herrscht.“ Rasches Handeln sei wichtig für die Wirtschaftsbeziehungen zu Großbritannien, und damit verknüpft sind auch soziale Fragen in der EU.

Der belgische Topdiplomat Didier Seeuws ist auf europäischer Seite dafür vorgesehen, die Austrittsverhandlungen mit Großbritannien zu führen. Seeuws werde im EU-Ministerrat die sogenannte Brexit-Task-Force leiten, berichteten Diplomaten in Brüssel. Sie bestätigten damit einen Bericht der belgischen Tageszeitung „Het Nieuwsblad“.

Seeuws ist unter den EU-Staats- und Regierungschefs kein Unbekannter. Er war bis Ende 2014 engster Mitarbeiter (Kabinettschef) des damaligen EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy. Der Ratschef führt die EU-Gipfel und bereitet diese vor. Seeuws hat derzeit einen Direktorenposten im EU-Ministerrat, der Vertretung der Mitgliedstaaten in Brüssel, inne.

von

Günter Schwarz – 26.06.2016