Scheidung auf schottisch: Sagen sich die Briten von der EU los, trennen wir uns von London. Das ist die Devise der schottischen Regierungschefin. Denn sie will Mitglied der Europäischen Union bleiben und Gespräche mit der EU aufnehmen sowie die Unabhängigkeit von Großbritannien erreichen. – Schottland bereitet die notwendigen Schritte vor.

Die schottische Regionalregierung bereitet ein zweites Referendum über die Unabhängigkeit von Großbritannien vor und will eigene Gespräche mit der EU aufnehmen. Die notwendigen rechtlichen Schritte würden jetzt vorbereitet, sagte Regierungschefin Nicola Sturgeon am Samstag in Edinburgh nach einem Treffen des Kabinetts. „Das Kabinett hat zugestimmt, dass wir umgehend Gespräche mit EU-Institutionen und anderen EU-Mitgliedstaaten aufnehmen, um alle Möglichkeiten auszuloten, Schottlands Platz in der EU zu schützen.“ Dass es auf jeden Fall ein zweites Referendum geben werde, sagte sie allerdings nicht.

Schotten und Nordiren wollen anders als Engländer und Waliser in der EU bleiben. Die Mehrheit in den nördlichen Ländern des britischen Königreichs votierte für einen Verbleib, in England und Wales wurde dagegen gestimmt. Das Resultat zeigt ganz deutlich: Durch die Insel geht ein Riss.

Schon vor der Brexit-Abstimmung waren in Schottland die Rufe nach einem neuen Unabhängigkeitsreferendum laut geworden. Regierungschefin Nicola Sturgeon hatte diese befeuert, indem sie ankündigte, dass es zu einem weiteren Referendum kommen könnte, sollte Schottland gegen seinen Willen zu einem EU-Austritt gezwungen werden.


Die Karte wurde von der Süddeutschen Zeitung erstellt
Erst 2014 war ein Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands gescheitert. Damals hatten 55 Prozent der Schotten gegen die Unabhängigkeit gestimmt. Der ehemalige schottische Regierungschef Alex Salmond sagte der BBC, er sei „ziemlich sicher“, dass Sturgeon nun ein erneutes Referendum anstreben werde. Und sie selbst erklärte nach Auszählung der Wahlzettel am Freitag: Das Ergebnis zeige, „dass das schottische Volk seine Zukunft als Teil der Europäischen Union sieht“.

Das Pro-EU-Lager konnte alle schottischen Wahlkreise für sich gewinnen. Rund 62 Prozent der Wähler stimmten für einen Verbleib in der Europäischen Union. 38 Prozent stimmten für einen Brexit. Umfragen zuvor hatten sogar einen noch deutlicheren Sieg für die EU-Befürworter erwartet.

von

Günter Schwarz – 26.06.2016