Dänemarks Medienskandal wird mit dem „Se-og-Hør-Fall“ ein weiteres Kapitel beigefügt. Wie Sh-UgeAvisen schon gestern berichtete, kommt es jetzt zur Anklage gegen acht Personen im Se-og-Hør-Fall, worunter sich auch der ehemals verantwortliche Chefredakteur des Magazins, Henrik Qvortrup, befindet. So verlautete aus der Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen hatten geradezu einen historischen Umfang und zogen sich fast über zwei Jahre hin.

Das Magazin Se og Hør, dass in Dänemark den Ruf einens Schmuddelblatts hat, wurde im Frühjahr 2014 entlarvt. Dem Blatt war es gelungen, einen Informanten beim IT-Unternehmen IBM gewonnen zu haben, denn IBM lieferte seinerzeit Systemtechnik an den Kreditkartenbetreiber Nets. Somit konnte der Informant praktisch „Live und in Farbe“ mitverfolgen, wie und wo berühmte und in der Öffentlichkeit stehende Dänen ihre Kreditkarten benutzten. Selbst das dänische Königshaus soll von Se og Hør bespitzelt worden sein. Selbstverständlich reichte der Informant die gesammelten und „interessanten“ Informationen sogleich an die Redaktion von Se og Hør weiter.

Unter den acht Angeklagten sind neben dem genannten Chefredakteur noch weiterer ehemaliger und der Eigentümer des Boulevardblatts Aller Media, da Se og Hør zu dieser Verlagsgruppe gehört.

Nach der Entlarvung der Machenschaften von Se og Hør herrschte auf Christiansborg unter den dänischen Politikern zunächst einmal helle Aufruhrstimmung. „Die Medien sind zu weit gegangen“, hieß es und, „es müssen Grenzen gesetzt werden. Die Sanktionen und Strafen gegen Medien sollten härter sein!“.

Doch wie das Kristeligt Dagblad bereits 2014 schrieb, Se og Hør ist nicht die gesamte dänische Presse. Der Skandal ist ein Einzelfall, und für die Verfehlungen eines Magazins eine Kollektivstrafe einzuführen wäre völlig überzogen. Auch andere Medien ähnliche Vorgehensweisen wie denen dess Schmuddelblatts zu unterstellen, wäre schlichtweg unfair.

Die dänischen Medien haben durch diesen Fall sicherlich einen erheblichen Imageverlust erlitten – aber es waren auch die Medien wie beispielsweise das zu Berlinske gehörende Boulevardblatt B.T. das entscheidend zur Aufklärung des Se-og-Hør-Falls beigetragen hat. Und bisher hat kein dänisches Medium in irgendeiner Weise das Boulevardblatt und dessen Methoden unterstützt. Im Gegenteil.

Jedes Medium muss für sich selbst geradestehen, und genau das passiert ab September, wenn die Verantwortlichen von Se og Hør vor Gericht stehen werden. Se og Hør hat einfach alle moralischen und gesetzlichen Grenzen überschritten. Dafür muss sich das Blatt jetzt dort verantworten, wo es sich gehört, nämlich vor Gericht – und das ist gut so!

von

Günter Schwarz – 07.07.2016