Bedingt durch die demografische Entwicklung wird die Rente mit 70 allmählich Realität. Doch welche Jobs sollen und können Menschen mit über 60 noch bekleiden? Der Norden wagt sich vor, sich damit auseinderzusetzen.

„Hefte raus, die Damen, Klassenarbeit!“ 87 gewählte Mitglieder des „Nordischen Rats“ reden derzeit offen über dieses Szenario: Schulpflicht für Senioren. Die oft zitierte Formel „lebenslanges Lernen“ soll in der Vision der Mitgliedsländer Dänemark, Schweden, Finnland, Island, Norwegen, die Färöer Inseln und der autonomen finnischen Region Åland damit ihren politischen Floskel-Ketten entkommen. Das berichtet das Wirtschafts-Portal „Quartz“.

Wörtlich „obligatorisch“ für Arbeitgeber und Arbeitnehmer soll er sein, der futureske Kompetenzerwerb in älter werdenden Gesellschaften. Man müsse durch kontinuierliche Weiterbildung dafür sorgen, am globalen Markt bestehen zu können, so die Begründung für den Vorstoß, der hier in Gänze gelesen werden kann.

Im Alter von 60 bis 65 habe man bei zukünftigen Renteneintrittsaltern noch locker zehn Jahre Arbeitsleben vor sich – darauf müsse man mit neuartigen Bildungsansätzen reagieren, schreibt der Autor Poul Nielsson. Diese Neujustierung könne vor allem auch der Geschlechtergleichstellung dienlich sein. Strukturell werde dafür gesorgt, dass Frauen, die biologisch bedingt häufiger Karriere- und Bildungsverzögerungen hinnehmen müssten, bessere Chancen hätten. Im November wollen sich die Minister des Rates bezüglich des Vorschlags einschalten.

In Skandinavien gehört die Idee der institutionellen Weiterentwicklung für Erwachsene ohnehin in viele Lebensentwürfe. Diese gewachsene Kultur beziehe ich allerdings primär auf Menschen mit ohnehin höherem Bildungsniveau. Die Volkshochschule wurde in Dänemark erfunden, sie unterscheidet sich aber deutlich vom deutschen Modell und entspricht eher dem, was hierzulande unter „Heimvolkshochschule“ bekannt war. Beim skandinavischen Pendant „folkehøgskole“, „fólkaháskúli bzw. „kansanopisto“ handelt es sich um Internatsschulen mit zwei- bis zwölfmonatigen Kursangeboten, die bei der Umsetzung der neuen Bildungsverordnung sicher die Schlüsselrolle spielen werden.

von

Günter Schwarz – 12.07.2016