Die Attentäter von Würzburg und Ansbach sollen Kontakt nach Saudi-Arabien gehabt haben, die Regierung in Riad will laut Medienbericht bei den Ermittlungen helfen. Doch Zweifel sind angebracht, denn Saudi-Arabien steht in Verdacht, islamistische Terroristen zu unterstützen.

Immer wieder stand das Königreich Saudi Arabien – Herrscher und Untertanen – im Verdacht, mit islamistischen Terroristen zusammenzuarbeiten.  Der Islam hanbalitischer Rechtsschule in der speziellen Ausprägung des Wahhabismus spielt in Saudi-Arabien eine große Rolle, das öffentliche Religionsbild im Land gilt als besonders strenggläubig und islamisch-konservativ, und es gilt eine anachronistisch-strenge Auslegung des islamischen Rechts, der Scharia. Der in Saudi Arabien praktizierte Islam des Wahhabismus ist für Europäer eine recht mittelalterlich anmutende Ausrichtung einer Religion, die man auch als „Steinzeit-Islam“ bezeichnen könnte. So wundert es niemanden, dass Saudi-Arabien die Verbreitung des islamistischen Neofundamentalismus stützt unbd fördert, wo immer es möglich ist.

Bei den Anschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington waren allein schon 15 der insgesamt 19 Attentäter Saudis. Erst vergangenen Monat veröffentlichte die US-Regierung Papiere aus dem Jahr 2002. Seinerzeit hatte die so genannte 9/11-Kommission einen Bericht über die Hintergründe der Attentate vorgelegt. Aber: Einige Teile – inoffiziell „die 28 Seiten“ genannt – blieben unter Verschluss.

13 Jahre lang rangen Juristen, Journalisten und Angehörige von 9/11-Opfern darum, dass auch die fehlenden Passagen publik gemacht würden – eben weil viele davon ausgingen, dass hochrangige Saudis hinter den Al-Kaida-Anschlägen steckten. Doch die bis dahin unter Verschluss gehaltenen Papiere, die Mitte Juli veröffentlicht wurden, bestätigen das nicht.

Finanzielle Unterstützung wahrscheinlich

Allerdings ist dem Bericht der 9/11-Kommission zu entnehmen, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass die Attentäter finanzielle Unterstützung aus Saudi Arabien erhalten haben: „Von Einzelpersonen, die vermutlich in Verbindung zur saudischen Regierung standen“. Der saudische Außenminister verneint das: „Saudi Arabien begrüßt heute die Veröffentlichung der 28 Seiten. Wir hatten dazu mehrfach aufgerufen. Wir haben mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass das Königreich Saudi Arabien nichts zu befürchten hat, dass es Willens ist, die Terroristen zu verfolgen, genau wie die, die sie finanzieren und die ihre Aktionen rechtfertigen“, sagt Adel al-Jubeir.

Einmal mehr eine Kampfansage an saudische Islamisten, denen im Übrigen hohe Strafen drohen, wenn sie beispielsweise für den „Islamischen Staat“ (IS) in den Dschihad nach Syrien ziehen. Umgekehrt hat auch der IS dem saudischen Königshaus offen den Krieg erklärt und mehrfach Attentate im Reich verübt, wie es kürzlich vor der Moschee in Medina geschah. Dennoch. in Saudi-Arabien gibt es zweifellos mehr Anhänger von Al Kaida und IS, als in anderen Teilen der Welt. Was nahe liegt: Das Königshaus ist eng mit dem erzreaktionären Wahhabismus verbunden: eine Schule des sunnitischen Islam. Strenge Anhänger des Wahhabismus behaupten, dass beispielsweise Schiiten Abtrünnige sind, Ungläubige, sprich: „Feinde, die bekämpft werden müssen.“

Nicht nur der IS köpft

Womit sich die Position strenggläubiger Wahhabiten kaum von der unterscheidet, die Terror-Organisationen wie Al Kaida oder der IS einnehmen. Gleiches gilt in der menschenverachtenden Justiz, denn nicht nur der IS köpft; auch saudische Gerichte verhängen – ganz im Sinne des alten islamischen Rechtes nach der Scharia – die Todesstrafe durch das Schwert.

Doch vielen Saudis gilt die aktive Politik ihres Herrscherhauses als viel zu weich – allein die offen-guten Beziehungen zum Westen im Allgemeinen, zu den USA im Besonderen und gute Beziehungen – eher diskret – sogar zu Israel. Gleichzeitig steht Saudi-Arabiens Wirtschaft auf tönernen Füßen. Der niedrige Ölpreis sorgt für weniger Staatseinnahmen; Arbeitslosigkeit macht sich breit. Dabei bleiben die Ausgaben für die Untertanen hoch: Benzin und Gas werden subventioniert. Für das Gesundheitssystem muss kein Saudi Geld ausgeben, auch nicht für Schulen und Universitäten.

Dann noch der Bürgerkrieg in Syrien: Die Gruppen, deren Kampf gegen Bashar al-Assad Riad finanziert, kosten. Das alles lässt auch Saudis nach Alternativmodellen Ausschau halten – und manche sehen die in den blutigen Angeboten von Al Kaida oder IS.

von

Günter Schwarz – 07.08.2016