Russland wirft der Ukraine vor, sie habe Anschläge auf der Krim verüben wollen. Ein russischer Geheimagent und ein Soldat seien getötet worden. Präsident Putin sprach von Terror und stellte internationale Gespräche zur Ukraine in Frage. Kiew dementierte scharf.

Ukrainische Spezialkräfte sollen versucht haben, auf der von Russland annektierten Krim Anschläge zu verüben. Diesen Vorwurf äußerte die russische Führung. Bei drei bewaffneten Zusammenstößen mit Terroristen und Saboteuren seien ein Mitarbeiter des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB und ein Soldat getötet worden, teilte der FSB in Moskau mit. Mehrere ukrainische und russische Staatsbürger seien festgenommen worden. Dies habe sich in der Nacht zum Sonntag und am Montag ereignet.

Der FSB habe „Terroranschläge“ auf der Krim verhindert, die von der Geheimdiensteinheit des ukrainischen Verteidigungsministeriums geplant worden seien. Russland habe die vom Verteidigungsministerium entsandten ukrainischen Kräfte aber zurückgeschlagen. Sie hätten auch mit Panzern versucht, auf die Krim zu gelangen, erklärte der FSB, der auch für den Grenzschutz zuständig ist.

Ziel dieser „Sabotage- und Terrorakte“ sei es gewesen, vor den Wahlen in Russland und auf der Krim im September die „soziale und politische Lage zu destabilisieren“.

Kiew weist Berichte scharf zurück

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko nannte die russischen Vorwürfe absurd und zynisch. Die „russischen Fantasien“ seien nur ein Vorwand für mehr militärische Drohungen gegen die Ukraine. Es werde Russland nicht gelingen, die internationalen Sanktionen loszuwerden, indem es die Ukraine diskreditiere. Er erwarte, dass Russland die Vereinbarungen des Minsker Friedensabkommens einhalte.

Das Verteidigungsministerium in Kiew wies jede Beteiligung an den angeblichen Vorfällen zurück. Die Vorwürfe seien „der Versuch, die Umgruppierungen und das aggressive Vorgehen der Militäreinheiten der Russischen Föderation auf der Halbinsel zu rechtfertigen“. Ebenso haltlos seien Moskauer Vorwürfe, dass die Krim vom ukrainischen Festland aus beschossen worden sei. Verteidigungsminister Stepan Poltorak nannte die russischen Behauptungen eine Provokation.

Der Chef des Nationalen Sicherheitsrats, Alexander Turtschinow, sprach von „hysterischen und falschen“ Anschuldigungen und warf Russland vor, auf der Krim Angst verbreiten zu wollen.

Ein Berater des Chefs des ukrainischen Geheimdienstes SBU, Juri Tandit, sagte der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine zudem, die Ukraine habe nicht die Absicht, das Gebiet „mit Gewalt“ zurückzuerobern. Das werde sie auch niemals tun.

Putin stellt Friedensgespräche in Frage

Russlands Präsident Wladimir Putin warf der Ukraine hingegen Terror vor. Die Erkenntnisse des russischen Geheimdienstes FSB seien eine „sehr alarmierende Neuigkeit“, sagte Putin russischen Nachrichtenagenturen. Der Tod der beiden Russen werde nicht ungesühnt bleiben. Putin sprach von einem „dummen und gefährlichen Spiel“ und sagte zu, alles für die Sicherheit der Krim zu tun.

Angesichts des Angriffsversuchs auf der Krim sei es sinnlos, mit der Führung in Kiew Gespräche über eine Friedensregelung für den abtrünnigen Osten der Ukraine zu führen, sagte Putin. Nach Angaben der russischen Agentur Tass sagte Putin zudem, dass er keinen Sinn in einem Treffen zur Ukraine am Rande des G20-Gipfels sehe. Er forderte aber die USA und Europa auf, eindeutige Schritte unternehmen, um das Verhalten der Ukraine zu ändern.

Noch am Montag hatte Russlands Außenminister Sergej Lawrow gesagt, dass Russland, die Ukraine, Deutschland und Frankreich am Rande des Gipfels Anfang September in China ein Treffen zur Lage in der Ostukraine abhalten könnten. Die Führung in Kiew habe den Vorschlag unterbreitet. Russland sei bereit zu diesem Treffen, hatte Lawrow gesagt.

Russische Truppenbewegungen

Unabhängige Berichte zu den angeblichen Vorfällen gab es nicht. Seit Sonntag berichten vor allem ukrainische Offizielle von russischen Truppenbewegungen und Hubschrauberflügen im Norden der Krim. Die zeitweise gesperrten Kontrollpunkte zur Halbinsel funktionierten seit Mittwochmorgen aber wieder normal.

Russland hatte die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel nach einem umstrittenen Referendum im Frühjahr 2014 in sein Staatsgebiet aufgenommen. Der Schritt wird international nicht anerkannt.

Seit der Annexion blieb es auf der Halbinsel weitgehend friedlich. Im Osten der Ukraine kämpfen allerdings weiterhin ukrainische Regierungssoldaten gegen prorussische Rebellen. In den vergangenen Wochen nahmen die Spannungen wieder zu. Täglich kommt es zu Zwischenfällen und Gefechten. In dem Konflikt wurden bereits rund 9500 Menschen getötet.

von

Günter Schwarz – 11.08.2016