Das Museum Kurhaus Kleve machte eine sensationelle Entdeckung im Nachlass eines Sammlerpaares. Sie fanden ganz unverhofft einen 500 Jahre alten  Holzschnitt des Renaissance-Künstlers Albrecht Dürer.

„Das ist so großartig“, jubelt Museumskuratorin Valentina Vlasic und erzählt atemlos von dem Zufallsfund. Seit Wochen schon hatten sich die beiden Kunststudenten Leonard Friedrichs und Hannah Eckstein im Depot des Museums durch eine Sammlung gearbeitet, die das Ehepaar Wörner dem Museum überlassen hatte. Rund 5.000 Stücke mussten dabei gesichtet und erfasst werden. „Ein Durchzug durch 500 Jahre Kunstgeschichte“, so die Kuratorin. Blatt für Blatt gingen die beiden auch an diesem Tag die Sammlung durch. Und dann stutze Leonard Friedrichs plötzlich. „Das könnte ein Dürer sein“, sagte er zu Valentina Vlasic. „Das ist ein Dürer“, antwortete die Kuratorin. „Ich hab es sofort erkannt. Dürer gehört zu den bedeutendsten deutschen Künstlern schlechthin. Außerdem war eine Dürer-Signatur drauf. Ein erhebender Moment sei das gewesen. „Der erste Dürer in unserer Sammlung“.

Christus vor dem Hohepriester


Motiv „Christus vor Kaiphas“
Das Blatt zeigt das Motiv „Christus vor Kaiphas“ und sei in einem sehr guten Zustand. Es zeigt die Szene, in der Christus, gefesselt vor den Hohepriester Kaiphas geführt wird. „Christus droht die Kreuzigung. Er tritt bescheiden vor den fettwänstigen Kaiphas, das personifizierte Böse. Diese Überzeichnung der Charaktere ist typisch für Dürer.“ Auch den Pudel, den Dürer häufig in seine Bilder einarbeitete, ist zu sehen. Das Blatt ist ein mehr als 500 Jahre alter Holzschnitt aus dem Zyklus „Die kleine Holzschnittpassion“, der in den Jahren 1509 bis 1511 entstand. Es sei, so Vlasic, ein Testblatt von Dürer, sozusagen ein Vordruck und deshalb schon einmalig, weil er so nicht in Serie gegangen ist.

„Jäger und Sammler“


Das Museum Kurhaus Kleve
Die Stifter, Gustav und Rose Wörner, hatte zeitlebens Kunst gesammelt, darunter mittelalterliche Stundenbücher, Garten- und Pflanzenstiche und moderne Druckgrafik. Das kinderlose Ehepaar gehörte außerdem zu den bekanntesten Landschaftsarchitekten Deutschlands und war mit dem damaligen Museumsdirektor befreundet. Schon im Jahr 2012 hatte Rose Wörner die Schenkungsurkunde für die Kunstsammlung unterschrieben. Sie starb 2015, ihr Mann Gustav bereits 1997. „Er war Jäger und Sammler. Sie hat alles liebevoll beschriftet oder mit Zeitungsartikeln versehen“, erzählt Valentina Vlasic. Als das großzügige Geschenk ins Museum kam, standen dann plötzlich 30 Umzugskartons im Museumsdepot.

Der neu entdeckte Dürer wird ab dem 2. Oktober 2016 in der Ausstellung „Von Haltung und Leidenschaft: Werke aus 500 Jahren Kunstgeschichte – Die Sammlung Wörner“ auch für Besucher zu sehen sein. „Er bekommt einen ganz prominenten Platz.“

von

Günter Schwarz – 17.08.2016