Vielen Anwaltskanzleien liegen Inkasso-Schreiben der Firma Debcon GmbH vor. Bei den Debcon-Schreiben geht es in der Regel um Forderungen von Abmahnkanzleien und angeblich offene Forderungen verschiedener Rechteinhaber, wie MIG Film GmbH oder RGF Filmvertrieb UG. Viele dieser Fälle weisen eindeutige Indizien für einen gewerbsmäßigen Betrug auf.

Windige Forderungen

Die Debcon-Forderungen beziehen sich auf angebliche Urheberrechtsverletzungen in Internet-Tauschbörsen. Häufig haben die Geschädigten vor Jahren eine Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung bekommen, gegen die nicht selten sog. modifizierte Unterlassungserklärungen abgegeben wurden. Nach Abgabe dieser Erklärungen haben die Geschädigten jahrelang nichts von den Anwaltskanzleien gehört – bis zu dem Eingang des Schreibens der Debcon GmbH.

Die Debcon-Schreiben sind inhaltlich ungenau und die Forderung in der Regel nicht nachvollziehbar. In einigen Fällen bezieht sich die Debcon in ihren Schreiben auf angebliche Urheberrechtsverletzungen, die zu einem Zeitpunkt stattgefunden haben sollen, an denen die Geschädigten über gar keinen Internetanschluss verfügt haben.

Ein 39jähriger Flensburger soll einen Betrag in Höhe von € 1.874,59 zahlen, da er im Jahre 2013 angeblich eine solche Urheberrechtsverletzung begangen haben soll. Die Debcon beruft sich dabei auf die angebliche Forderung der Bremer Firma RGF Filmvertrieb. Bei der RGF Filmvertrieb UG soll es sich um einen Videoverleih und -vertreib ohne Ladengeschäfte handeln. Im Internet taucht diese Firma ausschließlich in Verbindung solcher Urheberrechtsforderungen auf und nicht etwa mit einer eigenen Webseite oder Präsentation ihres Unternehmens.

In der Forderung an den Flensburger wird weder eine (durch den Provider nachprüfbare) IP-Adresse genannt, noch sonst irgendwelche Daten, die eine Prüfung der Forderung möglich machen. Genannt wird eine Uhrzeit. Demnach soll die Urheberrechtsverletzung um 8:01 Uhr stattgefunden haben – eine Uhrzeit, in welcher der Beschuldigte aufgrund einer Krankheit in dem zutreffenden Zeitfenster gar nicht an seinem Computer gesessen haben kann!

Polizei hilft nicht

Der Flensburger erstattet Anzeige bei der Polizei. Ein Strafverfahren wird nicht eingeleitet, da die Polizei der Auffassung ist, dass die Debcon ein Inkassounternehmen ist, welches beauftragt wurde, Forderungen einzutreiben. Zu klären, ob diese Forderungen zu Recht bestehen, sei nicht Aufgabe der Polizei. Der Geschädigte solle sich auf zivilrechtlichem Weg an die Debcon wenden.

Folgen einer Zivilklage

Sofern sich der Geschädigte einer Zivilklage zuwendet, wird ein Gericht darüber entscheiden, ob eine Forderung zu Recht besteht. Der Geschädigte selbst ist dabei in der Beweispflicht, da er dem Gericht glaubhaft vermitteln muss, die Urheberrechtsverletzung nicht begangen zu haben. Dies ist Jahre nach der Tat kaum noch möglich. Sollte es dennoch gelingen, kann der Rechteinhaber seinen »Irrtum« einräumen, auf die Forderung verzichten und schon am folgenden Tag dem nächsten Opfer eine neue Forderung zustellen lassen. Der Vorwurf eines etwaigen Betruges wird durch ein zivilrechtliches Verfahren nicht geklärt.

Es kann jeden treffen

Man könnte grundsätzlich jedem Internet-Nutzer vorwerfen, an diesem oder jenem Tage eine Urheberrechtsverletzung begangen zu haben. Ohne Nennung explizit identifizierbarer Daten, wie die IP-Adresse, hat ein Anwender kaum eine Möglichkeit zu beweisen, an dieser Tat unschuldig zu sein. Wenn dem Beschuldigten dann noch vorgeworfen wird, Filme wie »Perverse Teens probieren Fesselspiele« heruntergeladen zu haben, gerät der Geschädigte unter Umständen auch in einen moralischen Konflikt, da er sich bei einem Rechtsstreit auch gegenüber seiner Ehefrau erklären müsste.

Im Falle der Summe der von Debcon eingeforderten Forderungen drängt sich der Verdacht auf, dass genau hierauf kalkuliert wird. Für ein Strafverfahren reicht dieser Verdacht jedoch nicht.

von
Charlotte Thomsen – 2. September 2016