Das berühmte Vietnamkriegs-Foto, auf dem ein nacktes Mädchen zu sehen ist, darf nun doch bei Facebook gezeigt werden. Das soziale Netzwerk verweist jetzt auf die historische Bedeutung. – Sh-UgeAvisen berichtete über die Löschung des Fotos durch Facebook.

Facebook stellt nach massiver Kritik den Zeitungsbericht der norwegischen „Aftenposten“ mit einem berühmten Foto aus dem Vietnam-Krieg wieder online. „Obwohl auf dem Bild ein unbekleidetes Kind zu sehen sei, erkenne das Online-Netzwerk die historische Bedeutung des Fotos an“, hieß es „. Das Foto zeigt die Vietnamesin Kim Phuc, die während des Vietnamkriegs als Neunjährige nackt und vor Schmerzen schreiend vor einem Napalm-Angriff flüchtet. Der Fotograf Nick Ut wurde für die Aufnahme mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Die heute 53-jährige Kim Phuc trägt heute noch immer die Spuren des damaligen Napalmangriffs in Form vom zahlreichen Narben auf den Armen und den Rücken.

Facebook löschte den Bericht der größten norwegischen Zeitung „Aftenposten“ mit dem Foto und verwies zur Begründung auf das Verbot von Kinderpornografie. Der Chefredakteur des Blatts warf Facebook daraufhin Zensur und Machtmissbrauch vor. Autor Tom Egeland hatte vor einigen Wochen über Kriegsfotografien geschrieben und den Beitrag auch bei Facebook gepostet. Daraufhin begannen auch andere Norweger, das Foto auf ihre Facebook-Seiten zu stellen – Facebook entfernte sämtliche Einträge und sperrte sogar die Accounts mancher Nutzer.

Nicht einmal die Ministerpräsidentin blieb verschont

Am Freitagmorgen veröffentlichte auch Ministerpräsidentin Solberg das Foto auf ihrer Facebook-Seite. Sie „schätze die Arbeit von Facebook und anderer Medien“, um die Verbreitung unangemessener Inhalte wie Kindesmissbrauch zu stoppen, schrieb Solberg dazu. „Aber Facebook schlägt den falschen Weg ein, wenn es solche Fotos zensiert.“ Damit bremse der Internetriese die Meinungsfreiheit aus.

Schon nach wenigen Stunden löschte Facebook auch den Eintrag der Ministerpräsidentin, wie ihr Büro bestätigte. Solberg veröffentlichte das Foto erneut – diesmal mit einem schwarzen Balken über dem nackten Mädchen – und forderte Facebook auf, seine „Zensurpolitik zu überdenken“.

Auch von der Facebook-Seite der „Aftenposten“ wurde das Foto gelöscht. Am Freitag druckte die Zeitung das weltberühmte Bild auf ihrer Titelseite ab. „Aftenposten“-Chefredakteur Espen Egil Hansen wandte sich zudem in einem offenen Brief an Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Er sei „beunruhigt“ darüber, dass das „wichtigste Medium der Welt“ sich „teilweise autoritär“ verhalte.

Facebook rechtfertigt sich

Eine Facebook-Sprecherin erklärte, es sei schwierig, bei Fotos mit nackten Kindern eine Trennlinie zu ziehen und die Veröffentlichung in einem Fall zu erlauben und in einem anderen nicht. Das Netzwerk versuche mit seinen Regeln, das „richtige Gleichgewicht zu finden2 und ein „sicheres und respektvolles“ Umfeld für seine Nutzer zu schaffen.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) reagierte mit Unverständnis auf die Zensur des Fotos. „Wenn solche Fotos gelöscht werden, trifft es genau die Falschen“, sagte Maas der „Bild“-Zeitung vom Samstag. Strafbare Inhalte sollten aus dem Netz verschwinden, nicht aber Fotos, „die die ganze Welt bewegen“.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) warf Facebook Zensur vor: „Welche Inhalte eine Zeitung veröffentlicht, muss die Entscheidung der Redaktion bleiben“, erklärte der Vorsitzende Frank Überall. Auch der norwegische Presseverband kritisierte den Umgang von Facebook mit dem Foto. Der staatliche Pensionsfonds müsse überprüfen, ob Facebooks Zensurpraxis noch mit seinen ethischen Standards übereinstimme. Der Staatsfonds hatte zuletzt einen Anteil von 0,52 Prozent an Facebook.

von

Günter Schwarz – 10.09.2016