(Kristiansand) – Nach Angaben des Kieler Finanzministeriums ist es ein ganz legaler Trick und sogar Usus, dass der Eigentümer der Protzjacht „A“ sich in Norwegen eine Ausfuhrbescheinigung ausstellen lässt und dafür vom deutschen Fiskus Millionen Euro zurückerhält.

Angeblich hat der russische Milliardär Andrey Melnitschenko rund 400 Millionen Euro für die größte Segeljacht der Welt hingelegt, die am späten Sonntagnachmittag die Kieler Werft „German Naval Yard“ verließ und nun wärmere Gefilde ansteuert. Die auf den Kaufpreis entfallende Mehrwertsteuer von rechnerisch 76 Millionen Euro umgeht Melnitschenko jetzt offenbar durch einen ganz legalen Trick, wie die norwegische Zeitung „Dagens Næringsliv“ berichtet. Der von Anfang an geplante Zwischenstopp im Hafen der verschneiten südnorwegischen Stadt Kristiansand wurde nicht etwa eingelegt, um die Vorräte an Krimsekt und Kaviar aufzufüllen, sondern um sich eine Ausfuhrbescheinigung zu besorgen.

Nach Aussagen des Kieler Finanzministeriums ist das ein ganz normaler Vorgang. „Für einen Gegenstand, der im Inland nach den Wünschen des Auftraggebers hergestellt wird, kommt eine Steuerbefreiung in Betracht, wenn der Gegenstand nach Fertigstellung in das Drittland (nicht zur EU gehöriges Ausland) gelangt“, teilt Ministeriumssprecher Eugen Witte mit. Voraussetzung sei zudem, dass der Käufer Ausländer ist. Die Werft stelle in diesen Fällen den Kaufpreis ohne Mehrwertsteuer in Rechnung, was jedoch mit dem Risiko behaftet sei, dass der Käufer die notwendigen Dokumente für die Steuerbefreiung nicht übergibt. Deshalb hat die Werft „German Naval Yard“ offenbar die für solche Fälle vorgesehene Möglichkeit genutzt und die Mehrwertsteuer zunächst vom Käufer eingefordert, um diese dann später nach Vorlage der Ausfuhrdokumente an diesen wieder zu erstatten.

„Das scheint so üblich zu sein“

Überrascht ist das Kieler Ministerium über das Vorgehen von Melnitschenko nicht. „Das scheint so üblich zu sein“, erklärt Witte. Zumal der Russe diesen „Trick“ nicht zum ersten Mal anwendet. Auch als er seine Motorjacht – ebenfalls mit dem Namen „A“ – abholte, wurde ein Zwischenstopp im Nicht-EU-Land Norwegen eingelegt, um sich anschließend die Mehrwertsteuer erstatten zu lassen. Wie der NDR meldet, könnte Norwegen – nach Ansicht von Experten – gewählt worden sein, weil es so dicht an Norddeutschland liegt und weil Papiere von dort möglicherweise leichter bei deutschen Behörden anerkannt werden.

Exportgüter werden in der Regel nicht in Deutschland, sondern im Verwendungsland besteuert. Ob der stolze Jachtbesitzer für das Schiff nun seinen Obolus an den Finanzminister der Bahamas – dem neuen Heimathafen der A – bezahlt, ist unklar.

Fest steht für das Kieler Ministerium jedoch, dass man von der Regel nicht abweichen könne, „sonst lassen die ihre Schiffe woanders bauen“. Witte vermutet sogar, dass diese Art der Besteuerung „ein Grund dafür ist, dass wir Exportweltmeister sind“. Zu beachten sei zudem, dass hierzulande Arbeitsplätze geschaffen sowie Gewerbe- und Lohnsteuer fällig werden.

Wo sich die 143 Meter lange Segeljacht A aktuell befindet, sehen Sie, wenn Sie bei der Suchfunktion von Marinetraffic.com „Sailing Yacht A“ eingeben. Als Zielhafen ist derzeit Iskele in der Türkei angegeben.

https://www.marinetraffic.com/en/ais/details/ships/shipid:3598603/mmsi:310763000/imo:1012141/vessel:SAILING_YACHT_A

von

Günter Schwarz – 10.02.2017