(Seebüll) – Vor 150 Jahren wurde der Maler Emil Nolde am 7. August 1867 in Nolde bei Burkal (Buhrkall) im heutigen Sønderjylland nördlich der heutigen dänisch-deutschen Grenze unter dem Namen Hans Emil Hansen geboren. Anlässlich seines 150. Geburtstages schlossen sich acht Museen zusammen, um mit einem Gemeinschaftsprojekt unter dem Motto „Nolde im Norden“ diesen großen expressionistischen Künstler zu würdigen.

Die acht Museen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Dänemark stellen in acht zeitversetzten Ausstellungen, die bis ins kommende Jahr hinüberreichen, das farbgewaltige Werk des Malers in ungewohnter Vielfalt aus, was für die Besucher der Ausstellungen zu einem wahren Erlebnis werden dürfte.

Meisterwerke in Seebüll

„Mein Wunderland von Meer zu Meer“ nannte Emil Nolde die nordfriesische Landschaft, die er auf seinen berühmten Gemälden in flammenden Farben festhielt. Nolde kam 1927 nach Seebüll und ließ sich auf einer Warft sein Wohn- und Atelierhaus bauen. Heute beherbergt das Haus das Nolde-Museum mit dem originalgetreu angelegten Garten. Mit rund 500 Nolde-Gemälden aus dem Nachlass des Künstlers kann das Museum aus dem Vollen schöpfen – und zeigt „Meisterwerke“.

Nolde und Henry Moore in Seebüll

Zum ersten Mal öffnet sich Seebüll auch Werken eines anderen Künstlers. Vier Skulpturen des britischen Bildhauers Henry Moore werden dort ab Mai im Garten und auf dem Gelände platziert sein. Sie gehören zur Reihe der „Working Models“ und sind Leihgaben der Henry Moore Foundation. „Die Anknüpfungspunkte liegen vielleicht nicht direkt auf der Hand“, erklärt der Direktor des Nolde-Museums Christian Ring, „aber Henry Moore reagiert ja unheimlich stark auf die Landschaft, und das ist auch etwas, was wir in Noldes Bildern finden.“

BILD: Henry-Moore

Die Verbindung zwischen Moore und Nolde steht im Kunstmuseum Tønder im Mittelpunkt. Von Seebüll nach Tønder sind es nur knapp 20 Autominuten, ganz in der Nähe wurde Nolde 1867 geboren. „Was zudem noch ganz spannend ist“, ergänzt Christian Ring: „Henry Moore und Emil Nolde hatten die gleichen Förderer. Das heißt, beide hatten Kunsthistoriker wie Max Sauerlandt im Hintergrund, die sich mit der Kunst von beiden beschäftigt haben. Oder auch Helmut Schmidt: Er war ein großer Freund von Nolde, aber auch ein großer Anhänger von Henry Moore.“

Ländlich, urban, exotisch

In Flensburg erhielt der junge Nolde an der Kunstgewerbeschule eine Ausbildung zum Schnitzer und Zeichner. Die Schau im Museumsberg Flensburg nimmt insbesondere die Beziehung des Malers zum Museum in den Blick. Zu den Ausstellungsstücken zählen neben Gemälden und Aquarellen rund 50 Briefe Noldes an den Flensburger Museumsdirektor Ernst Sauermann. Sie seien erst kürzlich in dessen Kieler Wohnung aufgetaucht, berichtet Christian Ring. „Diese Briefe zeigen, dass Sauermann, was wir früher nicht wussten, ein großer Förderer von Nolde in der frühen Zeit gewesen ist.“

Ausstellungen in Kiel und Wolfsburg

Von 1906 bis 1907 war Nolde Mitglied der Künstlergruppe „Brücke“. Die Kieler Kunsthalle widmet ihre Nolde-Ausstellung dem künstlerischen Austausch zwischen dem Einzelgänger und dem Kreis um Ernst Ludwig Kirchner. 1913 schlossen sich Nolde und seine Frau Ada einer einjährigen Exkursion nach Neuguinea an.

Sein Schaffen in der Südsee präsentiert Schloss Gottorf in Schleswig mit 150 Werken. Auch in Japan machte Nolde für drei Wochen Station. „Emil Nolde und Japan“ heißt die Schau in der Städtischen Galerie Wolfsburg. Im Kunstmuseum Ahrenshoop an der mecklenburg-vorpommerschen Ostseeküste wird das Werk der japanischen Künstlerin Leiko Ikemura Noldes Arbeiten gegenüberstehen. „Eine Auswahl, die Frau Ikemura sehr persönlich getroffen hat“, so Christian Ring, „Werke, die ihr wichtig sind, die sie inspiriert haben“.

Nolde und der Nationalsozialismus

Auch das gehört zum Jubiläumsjahr: eine umfangreiche Studie, die Noldes widersprüchliches Verhältnis zum Nationalsozialismus untersucht und im Herbst erscheinen soll. Dass Nolde heftig mit den Nationalsozialisten sympathisierte, seine Kunst aber gleichzeitig als entartet verfemt wurde, ist hinlänglich bekannt. Seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren hat sich Christian Ring für eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas eingesetzt: „Die Nolde Stiftung war der Initiator der Studie. Mir war es aber wichtig, dass es nicht in unserem Auftrag passiert, sondern dass die Forscher, ein Historiker und eine Kunsthistorikerin, sich wirklich völlig frei und unvoreingenommen diesem Thema widmen können. Und dass diese Studie nicht für die Nolde-Stiftung geschrieben wird, sondern dass sie auf Faktenlage die ganzen schwierigen Themen nüchtern analysiert.“


Joseph Goebbels in der Ausstellung „Entartete Kunst“, 1938 Berlin. Links zwei Gemälde von Emil Nolde: „Christus und die Sünderin und Die klugen und die törichten Jungfrauen“, rechts eine Skulptur von Gerhard Marcks: „Heiliger Georg“

Die Nolde-Ausstellungen im Überblick

Museumsberg Flensburg
„Nolde in Flensburg“
noch bis 30.12.2017
Nolde Stiftung Seebüll
„150 Jahre Emil Nolde – Meisterwerke“
1.3. – 30.11.2017
Kunstmuseum in Tønder
„Henry Moore und die Nordische Landschaft von Emil Nolde“
30.4. – 3.12.2017
Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig
„Nolde in der Südsee“
8.5. – 3.9.2017
Städtische Galerie Wolfsburg
„Emil Nolde und Japan“
20.5. – 13.8.2017
Kunstmuseum Ahrenshoop
„Ikemura und Nolde“
15.7. – 8.10.2017
Kunsthalle Kiel
„Nolde und die Brücke“
18.11.2017 – 2.4.2018
Museum Behnhaus Drägerhaus, Lübeck 
„Emil Nolde – Eine Retrospektive auf Papier“
7.7.2018 – 7.10.2018

von

Günter Schwarz – 01.03.2017