Einer der Kapellmeister und Komponisten aus dem goldenen dänischen Zeitalter, Hans Christian Lumbye (im Bild), der mit dem auch heute noch viel gespielten „Champagnergalopp“ bekannt wurde, wird am 02. Mai 1810 in København geboren.

Lumbyes Vater, Rasmus Hansen Lumbye, war Soldat und kam aus dem Dorf Lumbye (heute Lumby) nördlich von Odense. Als Hans Christian geboren wurde, wohnte die Familie schon in København. Als Hans Christian sechs Jahre alt war, wurde der Vater mit seiner Kompanie im Winter 1816 nach Randers versetzt. Während der Überfahrt von Sjælland (Seeland) nach Fyn (Fünen) wurde der Junge angeblich krank und sein Gehör soll geschädigt worden sein. Das soll später dazu geführt haben, dass Lumbye als älterer Mann sehr schwerhörig wurde.

In Randers lernte Hans Christian Lumbye das Geigenspiel. 1821, als er elf Jahre alt war, wurde Lumbyes Vater wieder versetzt. Diesmal nach Odense. Hier lernte Lumbye das Trompetenspiel und wurde als 14-Jähriger Militärmusiker, genau wie Carl Nielsen etwa 50 Jahre später. Lumbye wurde Musiker beim Dragonenregiment. Der Stadtmusiker wurde aufmerksam auf Lumbyes Talent, und unterrichtete ihn in Musiktheorie. Lumbye begann bald danach selber kleine Lieder und Märsche zu komponieren. 1829 ersuchte Lumbye um Versetzung nach København, und dort wurde er Trompeter beim Dragonerregiment.

Wenn Lumbye dienstfrei vom Dragonenregiment hatte, spielte er zum Tanz auf unter der Leitung von Københavns führendem Stadtorchesterleiter Füssel. Lumbye arbeitete weiter als Komponist und schrieb eine Menge Tanzmusik. Nach und nach wurde Lumbye ein gefragter Orchesterleiter bei Bällen und Festen in den vornehmen Kreisen Københavns.

Es kam zu einer entscheidenden Wende in seiner Produktion, als ein österreichisches Orchester aus der Steiermark die Københavnerne mit den Werken des Joseph Lanner und des Johann Strauß (Vater) bekanntmachte; diese Werke wurden schnell sehr beliebt. Lumbye nahm die Herausforderung an, und bald komponierte und spielte er im neuen Stil. Das gefiel dem wählerischen Publikum, und Lumbye wurde ein sehr beliebter Mann.

Lumbye heiratete Georgine 1832. Sie bekamen zwei Söhne, Carl und Georg, und drei Töchter, Caroline, Julie und Amalie. Sein Sohn Carl Lumbye (* 9. Juli 1841 in København; † 10. August 1910), der ebenfalls Tanzmusik komponierte, übernahm die Kapelle seines Vaters. Ihm folgte 1891 sein jüngerer Bruder Georg Lumbye (* 26. August 1843 in København; † 1922 in København). Dieser komponierte etliche Vaudevilles, Schauspielmusiken sowie die Operette „Die Hexenflöte“ (1869). Die Töchter Caroline und Julie wurden Schauspielerinnen, und Caroline konnte auch komponieren und Texte schreiben.

Mehrere seiner Nachkommen machten sich im Musikleben bemerkbar. Sein Enkelsohn, Georg Høeberg, wurde Dirigent der Königlichen Kapelle, und ein zweites Enkelkind, Tippe Lumbye, dirigierte das Tivoliorchester. Der Opernsänger Georg Høeberg (1879–1949) war ebenfalls sein Enkelsohn.

Im Jahre 1872 musste Lumbye als Orchesterleiter und Dirigent aufhören, denn er war geschwächt und schwerhörig. Im Mai 1873 dirigierte er zum letzten Mal den „Champagnergalopp“ bei einem Konzert – sitzend. Lumbye starb am 20. März 1874.

1843 wurde der Vergnügungspark im Herzen Københavns, der Tivoli, eröffnet. Lumbye war von Anfang an dabei. Der Mann, der die Idee zum Vergnügungspark hatte, hieß Georg Carstensen. Er legte den Vergnügungspark auf den alten Stadtwällen außerhalb Københavns an, das seitdem so stark gewachsen ist, dass der Tivoli nun in der Stadtmitte liegt.

Im Konzertsaal des Tivoli spielte Lumbye mit seinem Orchester vom Frühjahr bis zum frühen Herbst. Wenn der Tivoli für den Winter geschlossen war, spielte Lumbye mit seinem Orchester in Københavns Theatern und bei Festen in der besseren Gesellschaft Københavns, oder sie machten Konzerttourneen durch ganz Dänemark oder ins Ausland.

1847 hat der Orchesterleiter Füssel gegen Lumbye und die Direktion des Tivoli Klage erhoben. Füssel meinte, dass er das Alleinrecht auf die Tanzmusikproduktion in København habe. Füssel verlor seine Klage, und Lumbye setzte seinen Erfolg fort. Sein Orchester wurde immer größer und angesehener; es nahm auch leichtere symphonische Musik ins Programm, und Lumbyes Musiker machten den Grundstamm im Orchester des København Musikvereins seit 1850 aus. Dieses Orchester stand unter Leitung von Niels Wilhelm Gade.

Während der Wintermonate 1844 bis 1846 besuchte Lumbye mit seinem Orchester Paris, Wien und Berlin. 1850 verbrachte er fünf Monate in Sankt Petersburg, wo er in der populären Mineralwasser-Anstalt von Johann Luzius Isler auftrat. Später besuchte er wieder Paris, Berlin und Hamburg sowie auch Schweden. Auch die größeren Städte Dänemarks wurden besucht.

Lumbyes Orchester existiert heute noch; im Sommer heißt es Symphonieorchester des Tivoli und im Winter Sjællands Symfoniorkester.

Lumbye hatim Laufe seines Lebens mehr als 700 Musikstücke geschrieben. Er gehört zu den ganz wenigen dänischen Komponisten, dessen Musik im Ausland bekannt ist und gespielt wird. Wo die Strauß-Familie und Joseph Lanner in Wien meistens Walzer schrieben, komponierte Lumbye eine Menge Galoppe, Mazurken, Polkas und Märsche. Darüber hinaus schrieb er auch längere Divertissements und Phantasien. Er komponierte auch Ballettmusik für das königliche Theater und Musik für Schauspiele, z. B. Stücke von Hans Christian Andersen.

Lumbye war schnell und aktuell. Er schrieb Musik, wenn etwas Außergewöhnliches in der Stadt passierte, komponierte zu Ehren der königlichen Familie oder anderer Prominenter. Fast Hundert seiner Melodien haben weibliche Vornamen als Titel.

Sein Orchester hatte einen speziellen Aufbau im Vergleich zum heutigen Konzertorchester. Die Gruppe der Streicher war recht klein im Vergleich zur Gruppe der Bläser. Außerdem verwendete Lumbye eine Menge von Geräuschgeräten, Glocken und Zithern usw.

Sein beliebtestes Musikstück ist der „Champagnergalopp“, aber eine ganze Reihe von Werken wird heute noch aufgeführt. „Die Traumbilder, die Konzertpolka für 2 Violinen“ (von seinen Söhnen uraufgeführt), Der „Kopenhagener Eisenbahngalopp“, „Krolls Ballklänge“, der „Amalienwalzer“, „Mon Salut à St. Petersbourg“ sind alle Beispiele seiner Produktion.

Man hat Lumbye den „Strauß des Nordens genannt“. Es wird erzählt, dass Strauß Senior eines der Konzerte Lumbyes in Wien 1844 besuchte; vielleicht wollte er Lumbye auspfeifen, aber er hat die Musik gemocht, und nach dem Konzert zeigte er sich begeistert. Der französische Komponist Hector Berlioz soll folgendes gesagt haben: „Seine Walzer sind nicht nur anziehend und schön, aber zugleich wohlgeschrieben und gut instrumentiert … ohne Charlatanerei.“ Die Wahrheit ist, dass Lumbye von Strauß inspiriert wurde, aber er verwertete seine Inspiration anders als die Wiener Komponistenfamilie.

Hans Christian Lumbye starb 1874 im Alter von 63 Jahren an seinem Geburtsort, in der dänischen Hauptstadt København. Seine letzte Ruhestätte befindet sich auf dem dortigen Holmens Kirkegård.

von

Günter Schwarz – 02.05.2017