(Frankfurt/M.) – Die Zeiten in denen Trump von den Börsenmaklern, Bankern und Finanzjongleuren der Finanzmärkten bedingungslos abgefeiert und hochgejubelt wurde, sind vorbei. Der Dow Jones erlebt den größten Verlust seit Trumps Amtsantritt und auch der DAX befindet sich auf Talfahrt. Es macht sich eineVerunsicherung auf den Finanzmärkten breit – die die Börsen nicht begeistern.

Erstaunlich lange haben die Finanzmärkte gelassen auf das Chaos im Weißen Haus geschaut. Während der Börsenindex Dow Jones von Rekord zu Rekord eilte, lästerte die Wall Street allenthalben über den „Chaos Monkey“ Donald Trump, scherte sich aber nicht weiter um die Eskapaden. Doch das scheint nun vorbei zu sein. Der Dow Jones brach am Mittwoch um mehr als 300 Punkte ein. Die Wall Street verzeichnete den schwärzesten Tag seit September und damit auch seit der Wahl Trumps zum US-Präsidenten.

Neue Enthüllungen über den Politikstil Trumps bereiteten Börsianern Kopfschmerzen. Insidern zufolge soll der US-Präsident den inzwischen entlassenen FBI-Chef James Comey gedrängt haben, die Untersuchung der Verbindungen des ehemaligen Nationalen Sicherheitsberaters Michael Flynn zu Russland einzustellen. Anleger hätten große Hoffnungen auf Trumps Pläne zur Ankurbelung der Konjunktur gesetzt, sagte Analyst David Madden vom Online-Broker CMC Markets. „Der jüngste Skandal verzögert seine Pläne im günstigsten Fall und im schlimmsten Fall werden sie nicht umgesetzt.“ Auf jeden Fall verursucht Trump Unruhe im Finanzmarkt.

Wie sehr es mit der Ruhe vorbei ist, ließ sich auch am Angstindex Vix ablesen. Der schoss gleich um mehr als 40 Prozent in die Höhe und spiegelt das neue Unbehagen der Finanzmärkte an der politischen Entwicklung in Washington. Das war der stärkste Anstieg des Barometers seit der überraschenden Brexit-Abstimmung der Briten im vergangenen Juni. Auch am Anleihemarkt offenbarte sich Nervosität. Investoren flüchteten mit ihrem Geld in die als sicher geltenden amerikanischen Staatsanleihen. Die Renditen verzeichneten daraufhin den stärksten Tagesrückgang seit vergangenem Sommer.

Die zunehmend verwirrende Politik unter US-Präsident Donald Trump und eine schwache Wall Street haben dem Dax am Mittwoch zugesetzt und die Anleger nervös gemacht. Mit einem Minus von 1,35 Prozent ging er bei 12.632 Punkten aus dem Handel. Im laufenden Jahr ist dies sein bislang größter Tagesverlust. Noch am Vortag hatte der Dax bei 12.842 Punkten eine weitere Bestmarke gesetzt.

Auch wenn Experten noch nicht von einer Panik an der Börse sprechen wollen, könnte es sich doch um eine gewisse Zäsur handeln. Investoren müssen plötzlich realisieren, dass ihre Hoffnungen in Trump nicht so schnell Realität werden. In den vergangenen Monaten hatten die Märkte dem US-Präsidenten viel Kredit eingeräumt. Große Hoffnungen ruhten auf der sogenannten Trump’schen Triade: Steuersenkungen, der Abbau von Regulierungen und milliardenschwere Investitionen. Die Verbindung der drei Elemente versetzte die Anleger regelrecht in Verzückung und ließ so manchen Fehltritt des Präsidenten als unwichtig erscheinen. Doch Trumps Programm ist tief im Soll. Geliefert hat er noch nicht.

Auch die Devisenmärkte reagieren

Die Devisenmärkte haben bereits reagiert. Der Dollar, der seit einiger Zeit als Trump-Barometer gilt, hat sämtliche Gewinne seit der Wahl wieder abgegeben. Der Euro kletterte am Mittwoch über 1,11 Dollar und damit auf den höchsten Stand seit Anfang November. Es wachsen die Zweifel, dass der Nichtpolitiker Trump nach den immer neuen Skandalen seine politischen Ziele noch umsetzen kann.

Schon ist von einem neuen Watergate die Rede. Die Abhöraffäre, die Anfang 1974 zu einem Rücktritt Richard Nixons führte, sorgte für heftige Turbulenzen an der Wall Street. Der Dow Jones verlor damals 45 Prozent an Wert. Allerdings rutschte damals im Zuge der Ölkrise die amerikanische Wirtschaft in eine Rezession. Damit seien die Kursverluste nicht allein dem Rücktritt von Richard Nixon anzulasten, sagen Strategen.

Ohnehin sei eine Amtsenthebung von Trump ein sehr theoretische und unwahrscheinliche Angelegenheit, sagen die Analysten von JP Morgan. Die Republikaner hätten in beiden Häusern die Mehrheit und Trumps Popularität sei noch relativ stabil. Erst für den Fall, dass die Republikaner den Senat oder das Repräsentantenhaus bei den Wahlen im Herbst 2018 verlieren, könnte sich das ändern.

Die Anleger können nur hoffen, dass Trumps Auslandsreise oder vielleicht die eine oder andere Reform, die er umgesetzt bekommt, den Fokus vom Chaos im Weißen Haus nimmt. Doch die alte Gelassenheit werden die Märkte so schnell nicht zurückbekommen.

von

Günter Schwarz – 18.05.2017