Saudi-Arabien hat Katar zum neuen Schurken in der arabischen Welt erklärt. Der Grund: Das kleine Emirat unterstützt Islamisten zwischen Bagdad und Bengasi. Aber auch im Königreich Saudi-Arabien gibt es geistige Brandstifter.

„Werft sie hinaus! Werft sie hinaus – aus euren Gotteshäusern, aus euren Gemeinschaften, aus eurem heiligen Land und von dieser Erde!“ Mit diesen Worten rief US-Präsident Donald Trump die Führer der arabischen Welt bei seiner Rede in Riad im Mai dazu auf, radikale Islamisten zu bekämpfen und heizte die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Golfstaaten noch an, der sich jetzt zu Hass entwickelt hat.

Nun hat Saudi-Arabien eine Allianz der Autokraten geschmiedet, die vorgibt, den Kampf gegen einen der Hauptunterstützer des islamistischen Terrors zu führen: Katar.

Denn das schwerreiche Emirat unter der Herrschaft der Familie al-Thani hat sich in den vergangenen Jahren nicht nur bei Volkswagen eingekauft und ist im Besitz des Fußballklubs Paris Saint-Germain, sondern es unterstützt auch radikale Islamistengruppen in der Region:

  • Syrien: Im Bürgerkrieg fördert Katar mutmaßlich die Salafisten der Nusra-Front, die bis Juli vergangenen Jahres als Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida fungierte.
  • Palästina: Die Machthaber in Doha beherbergten bislang die Exilregierung der radikalislamischen Hamas. Die Palästinenserorganisation regiert im Gazastreifen. Vor einigen Jahren reiste der Vater des heutigen Herrschers von Katar sogar persönlich nach Gaza – mit im Gepäck: 300 Millionen US-Dollar Hilfsgelder.
  • Ägypten: Die Thanis unterstützen die radikale Muslimbruderschaft. Diese Massenbewegung kam nach der Revolution vom Tahrir-Platz demokratisch an die Macht. Das Militär um den heutigen Staatschef Abdel Fattah el-Sisi setzte sie 2013 ab.
  • Libyen: Im Kampf gegen den Diktator Muammar al-Gaddafi finanzierte das Emirat den Widerstand radikalislamischer Gruppierungen. Darunter waren auch Anhänger der unlängst aufgelösten Terrororganisation Ansar al-Scharia.
  • Irak: Katar wird zudem vorgeworfen, den Aufstieg der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) in dem Krisenstaat mit unterstützt zu haben. Doha wiederum macht Saudi-Arabien und die Golf-Emirate verantwortlich.

Katar beherbergt außerdem eine Vielzahl radikaler Islamisten. Einer von ihnen ist der Gelehrte Jussuf al-Karadawi. Der ägyptische Prediger darf regelmäßig mit Hilfe des staatlichen Fernsehsenders Al Jazeera seine Hassbotschaften in der Region verbreiten. Er erreicht dadurch Millionen, seine Worte sind wie Waffen.

Vor diesem Hintergrund scheint die konzentrierte Aktion gegen Katar logisch. Aber Saudi-Arabien ist für den Westen ebenfalls ein problematischer Partner.

Exportschlager: Öl und Wahabismus

Das Land beliefert die Welt seit Jahrzehnten nicht nur mit Öl, sondern auch mit einer Form des Islams, der den Terror fördert: dem Wahabismus. Diese puritanische und gleichsam radikale Auslegung des Islams ist Staatsreligion in Saudi-Arabien. Sie ist ein Exportschlager. Die Dschihadisten der Gegenwart wären ohne den „Steinzeit-Islam“ des Wahabismus nicht denkbar.

Riad unterstützte bereits in den Achtzigerjahren die Mudschahedin in Afghanistan im Kampf gegen die Kommunisten der Sowjetunion. Damals mit dabei: ein Mann namens Osama bin Laden. Auch waren 15 der 19 Selbstmordattentäter der von ihm geplanten Attentate vom 11. September 2001 saudische Staatsbürger.

2003 geriet Saudi-Arabien selbst ins Visier von al-Qaida. Das Terrornetzwerk al-Qaida verübte blutige Anschläge. Das Herrscherhaus rüstete mit Hilfe der USA auf. In Sicherheitsfragen arbeitet Riad seither eng mit Washington zusammen.

Gleichzeitig lässt das weitverzweigte Herrscherhaus Moscheen von Usbekistan bis Nigeria bauen. Die Prediger gibt es gratis dazu. Die Folge: Junge Männer und Frauen radikalisieren sich von Asien bis Afrika. Aber auch in Europa, besonders auf dem Balkan. Von dort aus brechen immer öfter Dschihadisten Richtung Naher Osten auf – und kehren auch zurück.

Saudi-Arabien – Brutstätte des weltweiten Islamismus

Daneben betreibt Saudi-Arabien auch im eigenen Land Missionszentren. Die dort ausgebildeten sunnitischen Kleriker bringen den Wahabismus häufig zurück in ihre Heimatländer. Unter den Alumni sind mittlerweile auch solche zu finden, die sich von Saudi-Arabien losgelöst haben. Sie agitieren aktiv gegen das Königreich, weil es mit den USA kooperiert. Einige sind sogar zur Terrormiliz „Islamischer Staat“ übergelaufen, dessen radikale Ideologie dennoch eng mit dem Wahabismus verwandt ist. Beispiele gibt es viele.

Einer dieser Männer ist Mirsad O., ein Mittdreißiger, der im vergangenen Jahr in Graz zu 20 Jahren Haft verurteilt worden ist. Unter dem Kampfnamen „Ebu Tejma“ hatte der gebürtige Bosnier Dutzende junger Männer einer Gehirnwäsche unterzogen, um sie für den gewaltsamen Dschihad des IS zu rekrutieren.

Die geistigen Brandstifter und Finanziers radikaler Gruppen im Nahen Osten sitzen also nicht allein in Katar. Sie kommen ebenso aus Saudi-Arabien, der Brutstätte des weltweiten islamistischen Terrors. Aus dem Königreich, das US-Präsident Trump seit seinem Aufenthalt dort lobt, wie kaum ein anderes Land.

von

Günter Schwarz – 07.06.2017