Altkanzler Helmut Kohl ist tot. Das berichtete zunächst die „Bild“-Zeitung und wurde später von Kohl-Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner bestätigt. Der „Vater der Deutschen Einheit“ wurde 87 Jahre alt. Zahlreiche Politiker drücken ihre Trauer aus und würdigen Helmut Kohl als großen Politiker.

Der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) ist tot. Er starb im Alter von 87 Jahren, wie sein Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Zuerst berichtete die „Bild“-Zeitung darüber.

17.50 Uhr: Ein ausführliches Porträt von Helmut Kohl lesen Sie unten, hier die wichtigsten Eckdaten zu Kohl, der von 1982 bis 1998 Bundeskanzler war. 

Der am 3. April 1930 in Ludwigshafen geborene Kohl arbeitete sich rasch in der CDU Rheinland-Pfalz hoch und wurde dort 1969 Ministerpräsident. 1982 gelang ihm in einer Koalition mit der FDP der Sprung ins Kanzleramt. 16 Jahre hielt er sich an der Macht, bis er 1998 die Bundestagswahl gegen den SPD-Kandidaten Gerhard Schröder verlor.

Als „Kanzler der Einheit“ ging Kohl in die Geschichtsbücher ein. In seiner Amtszeit fiel die Berliner Mauer und unter seiner Regierung gelang es, die deutsche Wiedervereinigung nach jahrzehntelanger deutscher Teilung zu vollenden.

Seine letzten Lebensjahre waren von Krankheit geprägt; am Staatsakt zum 20. Jahrestag des Mauerfalls nahm er 2009 im Rollstuhl sitzend teil.

17.45 Uhr: Die ersten Politiker haben sich über Twitter zum Tod von Helmut Kohl geäußert, darunter Jean-Claude Juncker, Christian Lindner und Heiko Maas.

17.43 Uhr: Auch sein Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner hat den Tod von Helmut Kohl nun bestätigt – soeben gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

17.36 Uhr: Die CSU trauert um den langjährigen Vorsitzenden ihrer Schwesterpartei, CDU-Altkanzler Helmut Kohl. „Helmut Kohl war ein großer Staatsmann, seine Verdienste um unser Land sind unschätzbar“, twitterten die Christsozialen am Freitag samt eines Schwarz-weiß-Fotos des früheren CDU-Parteichefs.

17.32 Uhr: Die CDU hat den Tod von Helmut Kohl via Twitter bestätigt

17.14 Uhr: Helmut Kohl ist laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung tot. Der Altkanzler starb demnach am Freitagmorgen in seinem Haus in Ludwigshafen im Alter von 87 Jahren. Kohl war von 1982 bis 1998 Bundeskanzler. 

Helmut Kohl war 16 Jahre lang Bundeskanzler

Kohl hat Deutschland von 1982 bis 1998 als Bundeskanzler regiert – 16 Jahre, so lange wie bisher niemand vor und nach ihm. Er war Wegbereiter der Europäischen Union und einer gemeinsamen Währung.

Als sein größter Erfolg gilt die deutsche Wiedervereinigung. Kohl erkannte nach der friedlichen Revolution in der DDR 1989, dass das Fenster für die deutsche Einheit nur kurz geöffnet sein würde. Unter Hochdruck handelte er mit den Staats- und Regierungschefs der USA, Russlands, Großbritanniens, Frankreichs sowie den Verantwortlichen der Europäischen Union die Modalitäten dafür aus.

Im Zuge der CDU-Spendenaffäre, in der er sich weigerte, die Namen von Spendern zu nennen, kam es zu einem schweren Zerwürfnis zwischen ihm und seiner Partei. Kohl verlor den Ehrenvorsitz. 2008 erlitt er bei einem Sturz ein Schädel-Hirn-Trauma, seither saß er im Rollstuhl und konnte nur schwer sprechen. 

Kohl hatte sich anlässlich seines 86. Geburtstags am 3. April 2016 zu seinem Gesundheitszustand geäußert. Ihm falle das Sprechen und Schlucken noch schwer, sagte der CDU-Politiker der „Bild“-Zeitung (Montag). Kohl hatte sich im Jahr zuvor erst einer Hüft-Operation und dann einem Eingriff am Darm unterziehen müssen. In der Folge kam es zu weiteren gesundheitlichen Komplikationen.

Seit Oktober 2015 lebt Kohl wieder in seinem Haus in Ludwigshafen-Oggersheim und wird dort unter anderem von seiner Frau Maike Kohl-Richter (51) betreut. Beinahe täglich, vertraute Kohl 2016 der „Bild“ an, trainiere er nun auf dem Ergometer. Fernsehen schaue er kaum noch, nur Nachrichten und gelegentlich Fußball. Von einem Arzt begleitet, habe der auf einen Rollstuhl angewiesene Kohl bereits wieder einige Ausflüge unternommen, so an Weihnachten zum Speyerer Dom und an den Rhein. 

Im April 2016 besuchte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán Kohl in Ludwigshafen.

Mehr als 40 Jahre war Kohl Parlamentarier, zuerst im Mainzer Landtag und von 1976 an im Bundestag. Sieben Jahre war er Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. Als erster deutscher Kanzler kam er durch ein konstruktives Misstrauensvotum am 1. Oktober 1982 an die Macht und stürzte Helmut Schmidt (SPD). Politisch hat er Rekorde errungen, die Nachfolger nur schwer brechen können: 16 Jahre Bundeskanzler (1982 bis 1998), 25 Jahre CDU-Vorsitzender. Und er hat seinen Platz in der Geschichte als der Kanzler, der die Chance zur deutschen Einheit schnell und entschlossen nutzte. So ist er auch der „Kanzler der Einheit“. 1998 wählten die Bürger ihn ab, Rot-Grün gewann.

Dabei wollte Kohl 1996/97 eigentlich schon als Kanzler zurücktreten: „Ich glaubte, 14 Jahre waren genug. Ich hatte auch genug geschafft“, sagte er in einem NDR-Interview, das 2003 geführt und in ganzer Länge erst jetzt, zwölf Jahre später ausgestrahlt wurde. Er wollte den Weg freimachen für Wolfgang Schäuble – doch dann rückte die Euro-Einführung näher und er sah sich als einziger Garant, die damalige knappe schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag zu sichern.

„Ich musste es durchsetzen. Es gab damals ja Gerede, eine Währung, in der Italiener und Griechen dabei sind, kann niemals eine ordentliche Währung werden“, sagte Kohl 2003 im Rückblick. Bei der Vorführung des Interviews Mitte März in einem Berliner Kino müssen die Zuschauer an dieser Stelle lachen. Griechenland steht vor der Staatspleite und belastet die Gemeinschaftswährung. Der Film ist eine Reise in die Vergangenheit, wo ein großer schwerer Mann mit Charme, Humor und Härte über die Höhen und Tiefen der Politik erzählt. Dabei weiß man, dass eben dieser Mensch seit langem so nicht mehr auftreten kann.

Mit der CDU-Spendenaffäre, die die Partei und die ganze Republik 1999 erschütterte, verlor Kohl schließlich für viele Menschen seine Vorbildfunktion. Es war Merkel, die als Generalsekretärin die CDU von ihrem Übervater emanzipierte. Für viele markiert das den Beginn ihrer fortan wachsenden Stärke bis zur eigenen Kanzlerschaft 2005. Versöhnt haben sie sich bis heute nicht. Kohl stellt sich bis heute über geltendes Recht, indem er die Namen jener Spender verschweigt, von denen er Geld am Gesetz vorbei für die Parteiarbeit angenommen hatte. Er habe den Geldgebern sein Ehrenwort gegeben, begründet Kohl das.

Er konnte Menschen schon immer mit Wärme, Witz und Protektion für sich einnehmen. Zu Kanzler-Zeiten beförderte er Karrieren und vernichtete sie. Für Unterstützung erwartete er Dankbarkeit. Als der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker sagte, Dankbarkeit sei in der Politik keine Kategorie, verstand Kohl das nicht.

Privat hatte er seine engste Familie verloren. Seine erste Frau Hannelore, die er 1960 heiratete, litt an einer unheilbaren Lichtallergie und nahm sich 2001 daheim in Oggersheim das Leben. 2008 heiratete Kohl die mehr als 30 Jahre jüngere Regierungsdirektorin Maike Richter. Zu seiner Hochzeit waren seine Söhne nicht eingeladen. Walter Kohl berichtete später von Enttäuschung, Kummer und Distanz in seinem Leben als Kanzlersohn. Vor zwei Jahren sprach er aber von „einseitiger Versöhnung“ mit seinem Vater. Dieser sagte im November 2014 dem „Stern“, er habe kein gutes Verhältnis zu seinen Söhnen. Und trotzdem: „Ich bin glücklich.“

Merkel hielt den Kontakt zu Kohl

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hielt den Kontakt zu Alt-Kanzler Helmut Kohl. „Ich habe Kontakt zu ihm oder zu seiner Frau, denn er ist ja krank“, sagte Merkel im Mai 2017 der „Rheinischen Post. „Wir hatten ja eine schwere Zeit in der Spendenaffäre“, erklärte Merkel. Zu Gunsten der CDU, die Heimat für sie beide sei, hätten sie trotzdem versucht zusammenzuarbeiten. Merkel betonte auch Kohls Vorbildfunktion. „Ich habe unglaublich viel von Kohl gelernt.“

von

lin/dpa/AFP / Günter Schwarz – 16.06.2017