Die deutsche Wirtschaft brummt, doch die Erholung der gesamten Eurozone geht nur schleppend voran. Ausbaden sollen das offenbar die deutschen Sparer. In ihrem aktuellen Bericht über die Eurozone empfiehlt der Internationale Währungsfonds (IWF) hierzulande eine dauerhafte Inflationsrate von zwei Prozent – bei gleichbleibenden Minizinsen.

Für die deutschen Sparer ist das ein Schock: Sie sollen sich trotz Nullzinsen mit stärker steigenden Preisen abfinden – und zwar für längere Zeit. Dieses fordert niemand Geringeres als der Internationale Währungsfonds (IWF). Die Institution aus Washington hatte sich bereits Anfang des Jahres klar dafür ausgesprochen, dass in ihren Augen manche Mitglieder der europäischen Währungsunion eine Inflationsrate von mehr als zwei Prozent bräuchten.

Nun wird der IWF in seiner Forderung noch brutaler: Länder wie Deutschland müssten Inflationsraten von mehr als zwei Prozent über einen „anhaltenden Zeitraum akzeptieren“, so der Fonds. Für die deutschen Sparer ist das eine Katastrophe: Ihr Vermögen würde auf Grund der Minizinsen stark schrumpfen – und das möglicherweise über viele Jahre.

Noch vor wenigen Monaten hätte ein derartiger Plan für weltweite Aufmerksamkeit und heftigen Aufruhr unter Sparern gesorgt. Doch dieser Tage befindet sich die eine Hälfte der Betroffenen offenbar im Fußballfieber, und die anderen brechen schon in die Sommerferien auf. Nur so ist zu erklären, dass ein Papier des Internationalen Währungsfonds (IWF), das dieser veröffentlichte, bislang kaum Beachtung fand. Dabei hat es dieses in sich und hat weitreichende Folgen für alle Bürger unseres Landes

„Derzeit bewegt das Thema gerade kaum jemanden“, schreiben die Anleihenexperten der Société Générale daher auch leicht frustriert in einem aktuellen Kommentar. „Aber wir erwarten, dass man innerhalb der kommenden zehn Jahre auf dieses IWF-Papier zurückkommen wird, wenn es darum geht, weitere Schuldenkrisen in der westlichen Welt zu lösen.“ Und das hätte harsche Folgen für Sparer.

Denn der IWF legt in dem Plan dar, wie man künftig mit Schuldenkrisen umgehen will. Grundlegende Aussage ist dabei, dass man flexibler agieren will. Das klingt zunächst einmal gut. Doch eine konkrete Folge davon ist, dass künftig wesentlich früher Gläubiger herangezogen werden und gezwungen werden sollen, auf Ansprüche zu verzichten. Diese Gläubiger sind jedoch in Europa in erster Linie die Besitzer von Lebensversicherungen oder anderen Formen der Altersvorsorge.

Wörtlich ist die Rede von Ländern, die den Zugang zum Kapitalmarkt verloren haben und deren „Schuldenstand als nachhaltig angesehen wird, aber nicht mit einer hohen Wahrscheinlichkeit“. Auf deutsch soll das heißen: Wenn ein Land von Investoren Geld nur noch für horrende Zinsen bekommt und der Schuldenstand kaum noch nachhaltig ist, dann sollen die Altgläubiger teilenteignet werden.

Mittel der Wahl soll dabei zunächst eine erzwungene Verlängerung der Laufzeit der Anleihen sein, deren Nennwert, also die Höhe der Ansprüche, sowie der Zinssatz sollen dabei „normalerweise“ nicht reduziert werden. Ausgeschlossen wird dies jedoch auch nicht. Und erst wenn dies erfolgt ist, wird der IWF künftig bereit sein, seinerseits finanziell zu helfen.

Formal muss die neue Strategie zwar erst noch beschlossen werden. Doch dies dürfte spätestens in einigen Monaten erfolgen. Fest steht daher: „Privatinvestoren werden bei staatlichen Schieflagen zukünftig stärker bei der Lösung miteinbezogen“, sagt Eberhardt Unger, Ökonom beim unabhängigen Analysehaus Fairesearch. „Diese Einbeziehung kann nur bedeuten Forderungsverzicht, Laufzeitverlängerung, Kuponherabsetzung oder Ähnliches.“

von

Günter Schwarz – 17.06.2017