(København) – Kürzlich hat das dänische Folketing nach einer öffentlichen Debatte beschlossen, um mehrere Angehörige der Volksgruppe der Sinti und Roma sowie anderen Bettlern wegen Bettelei mit 14 Tagen Haft zu bestrafen. Bereits im ersten Fall, der jetzt vor Gericht gekommen ist, zeichnet sich ein langwieriger bürokratischer Akt ab.

Dass ein Mann im Juni mit einem Pappbecher vor einem Supermarkt in Københavns Vorort Bagsværd stand, entwickelt sich jetzt zu einem juristischen Geduldsspiel. Der 49-jährige schwedische Staatsangehörige hätte der erste sein sollen, der die kürzlich verschärfte Gesetzgebung zu spüren bekommt.
Mindestens 14 Tage Haft, so sollte das Urteil laut der von den Folketingspolitikern mehrheitlich beschlossenen Gesetzesänderung lauten. Doch das dänische Recht schützt einige Menschen vor Bestrafung – da helfen auch Verschärfungen nichts. In einem Gespräch, dass Mitarbeiter der Ausländerbehörde mit dem Mann mit dem Pappbecher geführt haben, stellte sich heraus, dass er möglicherweise gar nicht schuldfähig ist.

Schuldunfähige können nicht bestraft werden

Nur geistig gesunde Menschen können in Dänemark zu Strafen verurteilt werden. Wer nicht schuldfähig ist, wird nicht im juristischen Sinne bestraft, sondern er wird zum Beispiel eingewiesen. Für den Schweden bedeutet das, dass er jetzt genauer untersucht werden wird. Erst am 26. September soll der Prozess dann erneut aufgenommen werden.

Die Verteidigerin des Mannes hatte ihren Mandanten erst am Verhandlungstag zu Gesicht bekommen und hier auch das erste Gespräch mit ihm geführt. Nach einer Viertelstunde kam sie zu dem Schluss, dass weitere Informationen über den Angeklagten einzuholen seien – und dem schlossen sich Richterin und Staatsanwältin an.

Nicht ausgewiesen, weil er keine Unsicherheit verbreitete

Am 25. Juni ist der Mann in Untersuchungshaft gesteckt worden. Das Østre Landsret (Östliche Landgericht) in København hob die Strafe vier Tage später auf. Sein Verhalten sei nicht „unsicherheitserregend“ gewesen, wie vom verschärften Ausländergesetz gefordert, so die Richter. Am 29. Juni wurde er freigelassen – und nicht ausgewiesen. Die Staatsanwaltschaft verzichtete anschließend auf die Forderung, den Schweden des Landes zu verweisen.

Die Gesetzesverschärfung ist nur bis zum Juli 2020 gültig. Eine Schätzung des Justizministeriums besagt, dass sie den Steuerzahler bis dahin jedes Jahr acht Millionen Kronen (1,07 Millionen Euro) kosten wird. Bereits der erste Fall wird mit seinen hohen Bearbeitungs- und möglichen Folgekosten für die Behandlung des Mannes einen großen Teil dazu beitragen.

von

Günter Schwarz – 07.07.2017