(Reykjavík) – Die vorgezogenen Parlamentswahlen in Island sind beendet, die Unsicherheit vor der politischen Zukunft des Inselstaates im Nordatlantik, der am 01. Dezember 1918 die Souveränität erlangte, bleibt.

Der dänische König Christian X. blieb bis zur Gründung der Republik, am 17. Juni 1944, das isländische Staatsoberhaupt. Daher haben Mitglieder des dänischen Königshauses, die vor dem 17. Juni 1944 geboren sind, auch einen isländischen Vornamen, wie die jetzige dänische Königin, Dronning Margrethe II., die u. a. auch den Vornamen „Þórhildur“ trägt. Das Wahlergebnis der Parlamentswahlen in Island vom Samstag ist alles andere als eindeutig.

Nach einer Reihe Skandale wurde die Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Bjarni Benediktsson zwar abgewählt, doch auch die links-grüne Opposition dürfte Schwierigkeiten haben, eine neue Regierung zu bilden. Ein linksgerichtetes Bündnis aus vier Parteien unter der Chefin der Links-Grün-Bewegung, Katrin Jakobsdottir, kommt nun doch auf die knappe Mehrheit von 32 Mandaten im 63 Sitze zählenden Parlament.

Wie sich die neue Regierung zusammensetzt war zunächst jedoch unklar, da Präsident Gudni Johannesson erst noch einer Partei den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen muss. Die konservative Unabhängigkeitspartei Benediktssons verlor bei den vorgezogenen Wahlen zwar Stimmen, blieb aber stärkste Kraft. Die Links-Grün-Bewegung der 41-jährigen Jakobsdottir kam auf den zweiten Platz. Die Partei setzt sich für eine bessere Gesundheitsversorgung und höhere Ausgaben für Bildung und Infrastruktur im Gegenzug für eine Anhebung der Steuern für Reiche und die Einführung einer Immobilienabgabe ein. Jakobsdottir sagte zu Reuters, sie sei offen für Gespräche mit allen Parteien. Ihrem Bündnis gehören die Sozialdemokraten, die Progressive Partei und die Piraten an.

Der Inselstaat im Nordatlantik mit 340.000 Einwohnern gehört zu den von der Finanzkrise 2008 am stärksten getroffenen Ländern. Das gesamte Bankensystem kollabierte nach Jahrzehnten der aggressiven Expansion in Übersee innerhalb einer Woche. Nur durch die Verstaatlichung der Banken und mit Hilfe ausländischer Darlehen in Milliardenhöhe konnte eine Staatspleite verhindert werden. Zuletzt ging es der Wirtschaft – vor allem wegen des Booms im Tourismus – immer besser. Trotzdem kommt der Aufschwung nicht bei allen Isländern an. In Umfragen klagten viele über das Gefühl einer zunehmenden Ungleichheit und äußerten ihr Unbehagen über die Zuwanderung in einem der ethnisch homogensten Länder der Welt.

Regierungschef Benediktsson hatte die Parlamentswahl vorgezogen. Hintergrund ist ein Skandal, in dem sein Vater versucht hatte, das Vorstrafenregister eines alten Freundes zu löschen, der wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden war. Einer der beiden Koalitionspartner warf Benediktssons Partei vor, die Affäre zu vertuschen, und verließ die Regierung.

Island hatte erst im Oktober 2016 gewählt, nachdem der damalige Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson im Zuge des Steuerskandals um die sogenannten Panama-Papers zurückgetreten war. Er trat nun mit einer neu gegründeten Zentrumspartei an und schaffte umgehend den Einzug ins Parlament.

von

Günter Schwarz – 30.10.2017