Mehr als 70 Prozent der Arbeitslosen in Deutschland, dem ehemaligen Modellland der sozialen Marktwirtschaft, sind von Armut bedroht, da diese schon seit Jahren von den doch „christlichen“ und „sozialen“ Regierungsparteien dank der unermüdlichen Lobbyarbeit von Wirtschaftlern dem „Ellenbogen-Kapitalismus“ nach den Regeln von Bankern, Hedgefonds und anderen Großkapitalisten geopfert wurde. Europaweit sind durchschnittlich 48,7 Prozent der Arbeitslosen gefährdet, in Armut zu geraten. Bei den Erwerbstätigen beträgt das Armutsrisiko 9,5 Prozent. In den letzten Jahren stieg der Anteil der Erwerbslosen, die von Armut gefährdet sind, kontinuierlich an.

Fast die Hälfte der Arbeitslosen im Alter von 16 bis 64 Jahren in der gesamten Europäischen Union sind von Armut bedroht. Mit anderen Worten: Das Armutsrisiko ist fünfmal so hoch wie bei den Erwerbstätigen (9,5 Prozent). Am stärksten gefährdet im EU-Vergleich sind Erwerbslose in Deutschland. Das geht aus neusten Angaben des EU-Statistikamts Eurostat hervor. Demnach lag das Armutsrisiko in der Bundesrepublik im Jahr 2016 bei 70,8 Prozent und damit so hoch wie in keinem anderen Land der Europäischen Union.

Nach Deutschland kommt Litauen, wo im Jahr 2016 rund 60 Prozent der Menschen, die als arbeitslos gemeldet waren, diesem Risiko ausgesetzt waren. Danach folgen Lettland mit 55,8 Prozent, Bulgarien mit 54,9 Prozent und Estland mit 54,8 Prozent.

Am wenigsten von Armut gefährdet waren Erwerbslose in Zypern und Finnland mit jeweils 37,3 Prozent, Dänemark mit 38,6 Prozent und Frankreich mit 38,4 Prozent.

Regelsatz der Grundsicherung müssen erhöht und die Sanktionen abgeschafft werden

„Dies ist ein trauriger Beleg für die Unzulänglichkeiten unseres Sozialleistungssystems mit Blick auf den Schutz vor Armut. Arbeitslosengeld I und Arbeitslosengeld II müssen armutsfest gestaltet sein, so dass sie bei Arbeitslosigkeit vor Armut schützen“, fordern Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn und Sven Lehmann von Bündnis 90/Die Grünen. „Wir müssen den Zugang zur Arbeitslosenversicherung für alle Menschen verbessern, auch für Kurzzeitbeschäftigte, Selbstständige und anderweitig nicht Abgesicherte.“

Darüber hinaus müsse der Regelsatz der Grundsicherung erhöht und die Sanktionen abgeschafft werden. Nur so könne das Recht auf eine menschenwürdige Existenzsicherung gewährleistet werden, so die Grünen-Politiker.

In den letzten zehn Jahren ist der Anteil der von Armut bedrohten Arbeitslosen auf EU-Ebene kontinuierlich gestiegen, von 41,5 Prozent im Jahr 2006 auf 48,7 Prozent im Jahr 2016.

Als armutsgefährdet gelten laut Eurostat Personen, die in einem Haushalt mit einem verfügbaren Äquivalenzeinkommen, also einem Gesamteinkommen eines Haushalts nach Steuern und anderen Abzügen, das für Ausgaben zur Verfügung steht, unterhalb der Armutsgefährdungs-Schwelle leben. Die ist auf 60 Prozent des nationalen medianen Äquivalenzeinkommens festgelegt. Zum besseren Verständnis: Liegt das Median-Einkommen beispielsweise bei 1.500 Euro im Monat, so liegt die Armutsrisikogrenze bei 900 Euro.

von

Günter Schwarz – 03.03.2018