(Berlin) – Einmal unten, immer unten? Einer neuen Studie zufolge ist der soziale Aufstieg in Deutschland noch schwieriger als gedacht. Demnach hat sogar der Berufsstand der Urgroßeltern Auswirkungen auf den ihrer Nachfahren. Der soziale Status eines Menschen hängt in Deutschland noch stärker von dem seiner Vorfahren ab als bislang angenommen. Die soziale Ungleichheit baut sich viel langsamer ab als bislang geglaubt.

Der soziale Status der Vorfahren hat massiven Einfluss auf die Aufstiegschancen einer in Deutschland lebenden Person. Selbst vom Bildungsgrad und dem Berufsstand der Urgroßeltern ließen sich noch Rückschlüsse auf den Status der Nachfahren ziehen, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW). Die IfW-Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass durchschnittlich 60 Prozent der für den sozialen Status eines Menschen maßgeblichen Faktoren von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden. Dazu könnten Lebensumstände wie das gesellschaftliche Netzwerk zählen, aber auch vererbte Begabungen. Das Ergebnis gilt unabhängig davon, ob der soziale Status anhand des Bildungsgrads oder des Berufs gemessen wird.

Den Experten nach werden im Schnitt 60 Prozent der für den sozialen Status einer Person maßgeblichen Faktoren von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Der IfW-Arbeitsmarktforscher Sebastian Braun erklärte, die soziale Ungleichheit in Deutschland baue sich nur sehr langsam ab. Selbst nach vier Generationen sei immer noch einen Zusammenhang zwischen dem eigenen sozialen Status und dem der Vorfahren nachzuweisen: „Je geringer der soziale Status der Urgroßeltern, desto geringer der Status der Urenkel heute.“ Ein niedriger Status der Vorfahren wirke „wie eine Last, die den sozialen Aufstieg auch vier Generationen später noch bremst“, fügte Braun hinzu. Umgekehrt gelte: Je höher der soziale Status der Urgroßeltern, desto höher der Status ihrer Nachfahren.

Auf den ersten Blick widersprechen diese Ergebnisse früheren Studien, nach denen in den meisten Industrieländern der soziale Status einer Person nur zu etwa 30 bis 40 Prozent von den Eltern geprägt ist und soziale Ungleichheiten daher relativ schnell verschwinden. Die IfW-Forscher erklären die Unterschiede dadurch, dass Studien zur sozialen Mobilität von hoher Datenunsicherheit geprägt sind, da meist nur ungefähre Infos über die sozialen Rahmenbedingungen vorliegen, die den Status einer Person beeinflussen. Kinder erscheinen im Vergleich zu ihren Eltern dann unterschiedlicher, als sie tatsächlich sind, und die soziale Mobilität beziehungsweise die Durchlässigkeit der sozialen Schichten wird zu hoch bewertet.

von

Günter Schwarz – 06.03.2018