(Ankara) – Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan plant schon im kommenden Monat einen Wahlkampfauftritt in Europa. „Im Mai werden wir wieder, so Gott will, unser erstes europäisches Treffen in einer überdachten Turnhalle in einem Land in Europa abhalten“, sagte Erdoğan heute vor seiner islamisch-konservativen AKP in Ankara.

„Alle Vorbereitungen wurden getroffen“, sagte Erdoğan: „Ich will noch nicht sagen, um welches Land es sich handelt.“ Bereits am Samstag hatte Erdoğan ohne weitere Details angekündigt, für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 24. Juni auch Wahlkampf im Ausland zu betreiben.

In Deutschland sind Wahlkampfauftritte von Politikern aus Nicht-EU-Staaten drei Monate vor Wahlen oder Abstimmungen in ihrem Land inzwischen grundsätzlich verboten. Das Auswärtige Amt hatte in der vergangenen Woche klargestellt, dass die Dreimonatsregel auch für Erdoğan gelte.

Bundesaußenminister Heiko Maas hat beim ersten Treffen mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu in New York mit diesem auch über den bevorstehenden türkischen Wahlkampf gesprochen. Der SPD-Politiker hatte seinem türkischen Amtskollegen deutlich gemacht, dass das Auftrittsverbot für ausländische Amtsträger drei Monate vor einer Wahl in ihrem Land auch für türkische Regierungspolitiker gilt. Wie Çavuşoğlu darauf reagierte, wurde zunächst nicht bekannt.

Çavuşoğlus will auch bei der Gedenkfeier an den rechtsextremistischen Brandanschlag in Solingen vor 25 Jahren teilnehmen. Damals waren fünf Mitglieder einer türkischen Familie getötet worden. Die Zeremonie findet Ende Mai statt. Politiker vieler Parteien kritisierten dies ebenfalls als „schlecht verkappten Wahlkampftermin“. Maas betonte am Montag allerdings, diese Veranstaltung sei von dem Auftrittsverbot ausgenommen. „Das ist für uns keine Wahlkampfveranstaltung, denn sie hat einen ganz anderen Hintergrund“, sagte er. „Das ist eine Veranstaltung, die regelmäßig stattfindet und dort wird der Opfer dieses schrecklichen Brandanschlags gedacht.“

Erdoğans AKP will für die vorgezogenen Wahlen im Juni eine Allianz mit der ultranationalistischen MHP eingehen. Der gemeinsame Kandidat soll Erdogan sein. Für die neu gegründete „Iyi-Partei“ (gute Partei) will deren Chefin Meral Aksener antreten. Die restlichen Oppositionsparteien, die kemalistische CHP, die prokurdische HDP und die islamistische Saadet Partisi, führen zurzeit noch Gespräche und werden voraussichtlich jeweils noch in dieser Woche ihren Kandidaten bekanntgeben.

von

Günter Schwarz – 24.04.2018