(Berlin) – Während im linken Parteienspektrum Reformen des Hartz-IV-Systems und Modelle des Grundeinkommens diskutiert werden, haben einige CDU-Politiker ganz andere Vorstellungen. Sie wollen diese Leistung für Menschen unter 50 Jahren ganz streichen und sie somit zwingen, sich einen Arbeitsplatz zu suchen. Ihrer Meinung nach, sei dieses wegen des Fachkräftemangels in vielen Branchen der Wirtschaft dringend nötig.

Die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Berliner Union (MIT) will jungen, arbeitsfähigen Hartz-IV-Empfängern die Stütze wegnehmen. So soll unter 50-Jährigen Hartz IV komplett gestrichen werden, wenn sie ein Jobangebot ablehnen,fordert der Berliner CDU-Politiker Christian Gräff. Zudem hat der Vorstand der Mittelstandsvereinigung beschlossen, eine Erhöhung der derzeit gültigen Hartz-IV-Sätze abzulehnen.

„Die derzeitig und zukünftig schwierige Situation für Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt, Fachkräfte zu finden, macht ein Umdenken bei Hartz-IV notwendig. Es muss darum gehen, gesunde und junge Menschen, die bisher ohne Beschäftigung waren, in den Arbeitsprozess einzugliedern“, erklärt MIT-Vorsitzender Christian Gräff in einer Mitteilung.

Der Berliner CDU-Politiker will härtere Sanktionen für junge Hartz-IV-Empfänger. In der Berliner Morgenpost differenziert er klar: „Es ist bei der derzeitigen Situation am Arbeitsmarkt nicht einzusehen, dass Menschen, die 25 oder auch 45 Jahre alt sind, zu Hause sitzen und Hartz IV beanspruchen können. Das ist gewissermaßen ein bedingungsloses Grundeinkommen.“ Er fordert, Arbeitslosengeld II wie auch die Wohnkosten-Gelder zu streichen.

Die Menschen sollten sich angesichts des Fachkräftemangels in Deutschland weiterhin ehrlich um Arbeit bemühen, so Gräff. „Es muss einen spürbaren finanziellen Unterschied zwischen Arbeitnehmern, die einer Beschäftigung nachgehen und Transferhilfeempfängern geben.“ Ausgenommen seien natürlich diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten können.

Eine verfassungsrechtliche Prüfung der MIT-Forderung steht noch aus. „Ich halte es aber für möglich“, sagte Gräff der „Berliner Morgenpost“.


MIT-Vorsitzender Christian Gräff
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) dagegen hatte vor wenigen Tagen die Einführung eines solidarischen Grundeinkommens zur Reform des Hartz-IV-Systems ins Gespräch gebracht. Dieses hatte eine bundesweite Debatte über das von der Rot-Grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder (SPD) zwischen 2003 und 2005 eingeführte Hartz IV entfacht.

Das Konzept sieht vor, dass erwerbslose Bezieher des Arbeitslosengeldes II unbefristete Arbeitsverträge in kommunalen Unternehmen erhalten sollen. Sie sollen Jobs übernehmen, die bisher nicht bezahlt werden oder liegenbleiben. Die Höhe des Einkommens soll sich am Mindestlohn orientieren.

Vom MIT-Vorsitzenden hagelt es dafür Kritik: „Die Idee des solidarischen Grundeinkommens schafft für viele keinen Anreiz, einer regulären Tätigkeit nachzugehen. Schon heute fehlen Arbeits- und Fachkräfte in allen Bereichen der Wirtschaft.“ Gräff attackiert auch den Regierenden direkt: „Ich habe den Eindruck der Regierende Bürgermeister setzt sich selten mit den Problemen der Menschen auseinander, die jeden Tag etwas leisten in dieser Stadt.“

Derzeit gibt es schon mehrere Stufen, Hartz-IV-Empfängern die Leistungen zu kürzen, etwa wenn sie Termine im Jobcenter nicht wahrnehmen. Der Regelsatz von 416 Euro für Alleinstehende kann um 10 Prozent, 30 Prozent oder ganz gekürzt werden. In Extremfällen können auch Mietzuschüsse wegfallen – das sieht aber die Führung der Bundesagentur für Arbeit (BA) selbst kritisch.

von

Günter Schwarz – 27.04.2018