Auf dem Østerfælled (Ostfeld) bei København oder in Fælledparken, eine 0,5 km² große Grünfläche auf Københavns Østerbro, werden am 28. April 1772 der königliche Leibarzt und Politiker Johann Friedrich Struensee und der Höfling, Kammerherr und Lehnsgraf Enevold Brandt, ein Vertrauter Struensees, wegen Verbrechen an der Majestät, Kong Christian VII., hingerichtet.

Struensee, Sohn des von 1759 bis 1791 amtierenden Generalsuperintendenten der Herzogtümer Schleswig und Holstein, wurde schon im Alter von 20 Jahren Armenarzt in Altona. Dort machte er sich während des nächsten Jahrzehnts durch neue, erfolgreiche Therapieformen einen Namen.

1768 begleitete er den geisteskranken dänischen König Christian VII. auf einer Reise und kam 1769 als dessen Leibarzt nach København. Innerhalb kurzer Zeit stieg Struensee zum mächtigsten Mann im dänischen Staat auf. Mit einer königlichen Generalvollmacht ausgestattet, versuchte er seit September 1770, Regierung und Gesellschaft im Sinne der Aufklärung umzuwandeln.

Durch seine zahlreichen Reformen wurde der dänische Gesamtstaat zum fortschrittlichsten Staat seiner Zeit. Aber Struensee machte sich durch seine rigorose Spar- und Personalpolitik schnell Feinde am Hof. Bereits 1772 wurde er gestürzt und hingerichtet. Ein Teil seiner Reformen, wie die Pressefreiheit, blieb jedoch bestehen.

Der König selbst hatte Struensees Bekanntschaft mit seiner Frau Caroline Mathilde, deren Depressionen er behandeln sollte, gefördert. Struensee verliebte sich jedoch in die Königin, und seine Liebe wurde von ihr erwidert. Das Liebesverhältnis zur dänischen Königin, der Ehefrau von Kong Christian VII., Dronning Caroline Mathilde konnte von beiden nicht gänzlich geheim gehalten werden, und so entwickelte sich daraus ein Skandal. der noch heute Inhalt von Romanen und Filmen ist. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war er der Vater der Prinzessin Louise Auguste von Dänemark – und damit Vorfahr von Auguste Viktoria, der letzten deutschen Kaiserin.

Nach einem in Københavns Schloss veranstalteten Maskenball am 17. Januar 1772 um 04:00 Uhr morgens wurde Struensee festgenommen und in das Kastell von Kopenhagen gebracht. Caroline Mathilde, Enevold von Brandt und Struensees Halbbruder, Carl August Struensee ,sowie einige andere wurden ebenfalls verhaftet. Erst dann wurde der König geweckt und genötigt, seine Unterschrift unter den fertigen Haftbefehl zu setzen, ehe man ihn zusammen mit seinem Halbbruder in eine goldene Kutsche setzte und durch København fuhr, damit die Untertanen ihrem „befreiten“ Herrscher zujubeln konnten. Die Bevölkerung wurde mittels einer Flut von Flugblättern gegen den Verhafteten aufgehetzt. Auf den Straßen kam es zu Unruhen, die von den Verschwörern bis zur Hinrichtung immer wieder angeheizt wurden.

Bereits am 25. Februar 1772 legte er ein Geständnis über sein Verhältnis mit der Königin ab. Ihre Liebe hatte er demnach nicht geteilt. Am 08. März 1772 wurde Caroline Mathilde dieses Geständnis vorgelegt, und sie selber unterschrieb ein bereits vorbereitetes Geständnis, nachdem man ihr Hoffnung gemacht hatte, dass sie damit möglicherweise Struensees Leben retten könne. Am 23. März, nach Abschluss der offiziellen Verhöre und Zeugenbefragungen, wurde der Generalfiscal Frederik Wilhelm Wiwet zum Ankläger ernannt. Seine Anklage beruhte vor allem auf dem Verhältnis zur Königin, das beide Beteiligten bereits gestanden hatten.

Weitere der insgesamt neun Anklagepunkte waren Majestätsbeleidigung, Missbrauch der Regierungsgewalt, Anstiftung Brandts zur Gewalt gegen den König, Misshandlung des Kronprinzen und zudem persönliche Bereicherung und Günstlingswirtschaft, weil Struensee seinen Bruder ins Finanzkollegium berufen hatte. Die Anklageschrift wurde am 21. April eingebracht. Am 23. April begann der Prozess, dessen Ergebnis längst feststand. Struensees Pflichtverteidiger war Peter Uldall, der Rechtsbeistand der Königin. Er bemühte sich zwar, Struensee gerecht zu werden, und widerlegte die Anklagepunkte der Majestätsbeleidigung und der angeblichen Misshandlung des Kronprinzen, war jedoch gleichzeitig von der Notwendigkeit der Todesstrafe überzeugt.

Struensee verfasste selbst bereits am 14. April eine Verteidigungsschrift, in der er seine Reformen erläuterte und betonte, stets den Willen des Königs und das Wohl des Staats im Blick gehabt zu haben. Gleichzeitig bemühte er sich, alle Mitverdächtigen zu entlasten. Auch die umstrittene Entlassung des Conseils sei nur geschehen, um die Regierungsgewalt wieder ganz in die Hände des durch die autoritären Minister verunsicherten Königs zu legen.

Nach viertägiger Verhandlung wurde Struensee am 25. April 1772 schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Bei der Urteilsbegründung wurden die Verteidigungsschriften nicht berücksichtigt. Stattdessen wurde damit argumentiert, dass Struensee sich als unerfahrener Bürgerlicher angemaßt habe, über langjährigen Ministern zu stehen, und sich als Geheimer Kabinettsminister entgegen den Bestimmungen des Königsgesetzes zum „Despoten“ aufgeschwungen habe.

Weder die Entscheidung des Königs, Struensee und seine Reformen zu unterstützen, noch sein Geisteszustand wurden bei der Urteilsfindung berücksichtigt. Er selbst wurde während des gesamten Prozesses nicht befragt. Ihm wurde nur das fertige Urteil wie zuvor der Haftbefehl zur Unterschrift vorgelegt. Gotthold Ephraim Lessing, der Struensee bereits aus dessen Altonaer Zeit kannte und zur selben Zeit in København weilte, hatte schon am 31. Januar seiner späteren Frau Eva König geschrieben: „Man sieht, man hat seinen Fall dem König abgezwungen.“ Eine später angeblich von Christian VII. angefertigte Skizze trägt die Beschriftung: „Der Graf Struensee ein sehr großer Mann. starb Anno 1772. durch der Königin Juliane Marie Ihren Befehl, und durch deß Printz Friedrichs u nicht durch meinen. Und durch den Willen deß Stats Raths. […] Ich hätte sie gerne beide gerettet.“

Am 28. April 1772 wurden Struensee und sein ebenfalls wegen Hochverrats und Majestätsbeleidigung zum Tode verurteilter Vertrauter Enevold von Brandt vor den Toren Københavns hingerichtet. Struensee musste mit Münter in der Kutsche warten, bis Brandt hingerichtet war. Dann wurde auch er geköpft, gevierteilt und auf das Rad geflochten. Bei der Errichtung des Schafotts vor der Stadt gab es Verzögerungen, da zunächst kein Tischler zum Bau bereit gewesen war, und kein Handwerker das Rad, auf das die Leichenteile geflochten werden sollten, hatte herstellen wollen. Die Handwerker machten sich erst unter Androhung von Folter und Kerker an die Arbeit.

Die Räder wurden von einer alten Kutsche abmontiert, und ungefähr 30.000 Leute strömten herbei, um der Hinrichtung beizuwohnen. Zwar jubelte die aufgehetzte Menge auf den Straßen und zerstörte Bordelle, die man durch Struensees Reformen gefördert glaubte, und Häuser seiner Anhänger oder derjenigen, die man dafür hielt, doch war auch die Ansicht weit verbreitet, dass die Todesstrafe insbesondere für Brandt übermäßig hart gewesen sei. Da vom Prozess selbst wenig an die Öffentlichkeit gedrungen war, hatten viele, wie etwa Lessing, nicht mit einer Hinrichtung gerechnet.

Die Leichen der Hingerichteten wurden zwei Jahre lang am Richtplatz öffentlich zur Schau gestellt, bis die Knochen von den aufgerichteten Rädern fielen. Was anschließend mit den sterblichen Überresten geschah, ist unbekannt. Einer Überlieferung zufolge wurde Struensee in der Kirche von Dörbeck beigesetzt, welches zum Gutsbesitz seines jüngsten Bruders Gotthilf Christoph Struensee gehörte. Nach einer anderen Überlieferung wurden die sterblichen Überreste von Struensee und Brandt mehrfach umgebettet und erst 1920 in der deutschen St.-Petri-Kirche in København in einer Gruft endgültig beigesetzt.

von

Günter Schwarz – 28.04.2018