Der Goldschmied Niels Heidenreich gesteht am 30. April 1803 , dass er im Jahr zuvor die goldenen Hörner von Gallehus aus der Kunstkammer des Königs in København gestohlen und eingeschmolzen hat.

Die Goldhörner von Gallehus waren zwei aus Gold gefertigte Trink- oder Blashörner, die 1639 bzw. 1734 in Gallehus nördlich von Møgeltønder (Mögeltondern) in Sønderjylland (Südjütland) gefunden wurden. Sie werden in die Zeit um 400 n. Chr. (germanische Eisenzeit) datiert und gehören zu den berühmtesten archäologischen Funden Dänemarks. Auf ihnen befand sich eine frühe Runeninschrift in nordwestgermanischer Sprache.

Die Hörner erlangten wegen der rätselhaften Bildmotive und der für die germanischen Sprachwissenschaften wertvollen Runeninschrift auf dem kürzeren Horn große Bekanntheit. Im Jahr 1802 wurden die Hörner von dem Goldschmied Niels Heidenreich gestohlen und eingeschmolzen. Sie sind heute nur durch Zeichnungen (Stiche) und Beschreibungen aus dem 17. und 18. Jahrhundert bekannt.

Bereits kurz nach dem Diebstahl entstanden Nachbildungen der Hörner, allerdings nicht aus Massivgold wie die Originale, sondern aus Blattgold auf Silberbasis. Diese Kopien wurden im September 2007 aus dem Nationalmuseum in Jelling nordwestlich von Vejle ebenfalls entwendet – zwei Tage nach dem Diebstahl aber wiedergefunden.

Der am 8. Juni 1761 in Foulum bei Viborg in Midtjylland (Mitteljütland) geborene Niels Heidenreich war ein Uhrmacher und Goldschmied in København, der 1802 die Goldhörner von Gallehus stahl und einschmolz.

Heidenreich wurde 1761 in Foulum als einziger Sohn des Kirchendieners der Tjele-Kirche in der östlichen Probstei Viborgs, Otto Nathansen und Anne Birgitte Sørensdatter, geboren.

1788 wurde er wegen Falschmünzerei zum Tode verurteilt, 1790 zu lebenslangem Zuchthaus begnadigt. Als Zuchthäusler arbeitete er auch für die königliche Kunstkammer in Christiansborg, wobei er derart gut arbeitete, dass man ihn 1798 begnadigte und er aus der Haft entlassen wurde.

In København erhielt er nach der Haftentlassung das Bürgerrecht als Uhrmacher- und Goldschmiedemeister und wohnte in der Larsbjørnsstræde im Zentrum der Hauptstadt nahe des königlichen Schlosses. Heidenreich wurde auch nach seiner Entlassung oft in die königliche Kunstkammer gerufen, um dort Arbeiten auszuführen. Bei diesen Arbeiten dort fertigte er auch zwei Nachschlüssel zur Kunstkammer an.

Am 4. Mai 1802 brach er mit Hilfe der zwei Schlüssel in die königliche Kunstkammer ein und stahl die beiden berühmten Goldhörner von Gallehus, die zu Dänemarks wertvollsten archäologischen Funden gehörten. Er schmolz die Hörner zu Hause in seiner Küche ein und fertigte daraus unter anderem falsche ostindische Goldmünzen.

Auf die Ergreifung des Diebes wurde eine Belohnung von 1.000 Reichsthalern ausgesetzt. Am 27. April 1803 wurde er verhaftet und gestand drei Tage später den Diebstahl. Am 10. Juni 1803 wurde er zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Zuchthaus erwies er sich wieder als geschickter Handwerker und wurde zu allerlei Arbeiten herangezogen, und nebenbei studierte Heidenreich Geometrie. Sehr viel Zeit verbrachte er das klassische Problem der Geometrie der Quadratur des Kreises zu lösen. Die Unmöglichkeit wurde erst 1882 durch den deutschen Mathematiker Ferdinand von Lindemann nachgewiesen.

1840 wurde Heidenreich nach Ladegården überführt, wo sich damals neben einer psychiatrischen Anstalt auch ein Zwangsarbeitslager der Kommune København befand, die 1908 geschlossen wurden.

Niels Heidenreich verstarb am 07. August 1844 im Almindeligt Hospital in København im Alter von 83 Jahren.

von

Günter Schwarz – 30.04.2018