(København / Haderslev) – Wer Sozialhilfe, Ausbildungsbeihilfe oder Integrationsgeld bekommt, darf zukünftig keine Wohnung mehr in jenen Gegenden einer Stadt beziehen, die von der Regierung als „Ghettos“ gelistet werden. Darauf haben sich Regierung, Socialdemokraterne, Dansk Folkeparti (Dänische Volkspartei) und die Socialistisk Folkeparti (Sozialistische Volkspartei) am Freitag im Folketing geeinigt. Ein Lokalpolitiker aus Haderslev, der viel Erfahrung mit sozialen Brennpunkten hat, mahnt: „Wer Veränderung will, muss auch finanziell investieren.“

„Diese Absprache kann dazu beitragen, die Ghettobereiche zu verändern. Sie bremst Parallelgesellschaften aus, die eine ernste Bedrohung für unsere Gesellschaft darstellen“, so Beschäftigungsminister Troels Lund Poulsen (Venstre / Rechtsliberale Partei). Ziel ist, dass sich in bestimmten Wohngegenden nicht zu viele sozial schwache Bürger ansiedeln.

„Alle gewinnen, wenn wie Tür an Tür miteinander leben. Menschen mit weniger Ressourcen oder Bürger mit Migrationshintergrund werden nicht sich selbst überlassen. Wir wollen uns öffnen, und diese Absprache ist ein Schritt auf dem Weg“, so der Sprecher der Socialistisk Folkeparti für Beschäftigung, Karsten Hønge. Er wies jedoch darauf hin, dass die Kommunen natürlich eine passende Wohnmöglichkeit woanders anweisen müssen.

Dass sich die Kommunen und Wohngenossenschaften die Wohnpolitik etwas kosten lassen müssen, davon ist Allan Emiliussen (Venstre) überzeugt. Als Politiker in Haderslevs Stadtrat und Leiter für soziales Wohnen bei der HAB Bolig (Haderslebener Wohngenossenschaft) kennt Emiliussen Herausforderungen und Werkzeuge einer gelungenen Wohnpolitik.

Mit dem Varbergparken hatte auch Haderslev einst einen Stadtteil auf der nationalen „Ghetto“-Liste, doch mit einer konkreten Wohnpolitik haben Kommune und die beiden Wohngenossenschaften vor Ort einen gezielten Einsatz geleistet, um das Wohnviertel gesellschaftlich zu durchmischen.

„Kommunen benötigen strategisch ausgerichtete Wohnpläne. Sozial ausgerichtete Gesamtstrategien über Jahre hinweg“, so Allan Emiliussen. „Das müssen sich die Kommunen aber auch etwas kosten lassen. Denn Tatsache ist: Allein durch den Einsatz von Freiwilligen, Polizei und Kommune in den Wohnbezirken geht es nicht. Man muss die Wohngenossenschaften mit ins Boot holen. Denn die Mitarbeiter kennen die Bewohner. Ihnen macht man die Tür auf, sie sind das Bindeglied zur Kommune“, so Emiliussen.

In Haderslev kostet der auf vier Jahre angelegte Plan für soziales Wohnen 21 Millionen Kronen (2,8 Millionen Euro). 75 Prozent übernimmt der Landsbyggefonden, 25 Prozent tragen die Kommune und die Baugenossenschaften. „Es kostet, aber es lohnt sich“, sagt Emiliussen. Auch in kleineren Städten Nordschleswigs bestehe diesbezüglichen Handlungsbedarf.

„Nehmen wir Vojens (Woyens): Da gibt es ebenfalls Probleme in gewissen Gegenden mit Kriminalität und Perspektivlosigkeit. Dort gibt es keinen Gesamtplan. Wir hoffen, dass wir die dortige Baugenossenschaft überzeugen können, sich unserer Strategie der Vorsorge anzuschließen. Wir müssen vorplanen, damit es nicht eskaliert.“ Zur kommunalen Verantwortung gehöre aber auch, genug Wohnungen zu planen und zur Verfügung zu stellen, bezahlbar und attraktiv auch für Bürger mit geringem Einkommen.

Die am Freitag im Folketing auf Christiansborg getroffene Teilabsprache gehört zum sogenannten „Ghettoplan“ der Regierung. Sie tritt für jene16 Wohnbezirke in Kraft, die seit vier Jahren permanent auf der sogenannten „Ghetto-Liste“ des Landes stehen.

von

Günter Schwarz – 12.05.2018