(Trelleborg) – Der Jahrestag des Mordes an Kim Wall, der gestern begangen wurde, erinnerte ans Leben und nicht an den Tod – über Gemeinschaft statt Verlust. Vor einem Jahr stand die schwedische Journalistin Kim Wall im Turm des U-Bootes „NC3 Nautilus“. Sie befand sich gemeisam mit Peter Madsen auf dem Weg in den Øresund. Es war am 10. August 2017 das letzte Mal, dass Kim Wall lebend gesehen wurde.

Während Peter Madsen inzwischen des Mordes für schuldig befunden wurde, ehrten ihre Familie und Freunde Kim Wall ein Jahr später im südlichen Skåne (Schonen) in der Stadt ihrer Kindheit, in Trelleborg – und in 15 anderen Städten weltweit. „Es ist unmöglich zu sagen, was es für uns bedeutet. Es ist völlig unwirklich und überwältigend“, sagte Kim Walls Mutter, Ingrid Wall, zum dänischen Fernsehen TV 2.

In der Heimatstadt Trelleborg erstreckte sich eine Ausstellung von 39 Schautafeln in der Fußgängerzone. Sie zeigten einen Ausschnitt von Kim Walls Bilder und Texte – ein kleiner Einblick von mehr als 15.000 Fotografien, die die 30-jährige Journalistin und Fotografin hinterlassen hat. Die Ausstellung wurde aus Kims Hinterlassenschaft an ihre Eltern, Ingrid und Joachim Wall, zusammengestellt, die gerne die Bilder zeigen und über die Arbeit der Tochter erzählen. „Es bedeutet uns viel, die Bilder hier zu sehen. Es ist ein Mittel, Kims Namen und ihre Arbeit in Erinnerung und Ehren zu behalten“, sagte Ingrid Wall.

Beide Eltern hoffen, dass die Arbeiten ihrer Tochter andere inspirieren wird. „Beachten Sie die Augen und das Interesse der Menschen“, sagte Joachim Wall, der selbst für einen Pressefotografen arbeitet. Er betonte den Augenmerk seiner Tochter für das gemeine Volk, für Gerechtigkeit – und das war immer mit einem Lächeln auf ihrem Gesicht und Stolz in der Stimme verbunden. So wies er auf besondere Bilder in der Ausstellung hin: Ein kleines Mädchen lächelnd schüchtern, während ihre Hände Futter für einen Vogel hinhalten – ein armer Mann in einem Slum – eine Gruppe Mädchen in Indien, aus der eine direkt in die Kamera schaut und einen Ausdruck ausstahlt, als sei sie viel älter als ihre Altersgenossinnen.

Aber nicht nur die Ausstellung berührt Kims Eltern. Die Idee eines Laufes zu Ehren ihrer Tochter überwältigte sie und allein in Trelleborg erreichten die Organisatoren 600 Anmelungen zum „Kim Wall Run“.

Insgesamt wurden gestern in 15 Städten auf der ganzen Welt ähnliche Veranstaltungen organisiert. Von New York, über Istanbul, nach Tel Aviv und Peking und von Berlin über London nach København. „Es ist absolut erstaunlich, dass es so viele Menschen auf der ganzen Welt sind, die von Kims Schicksal und in unterschiedlicher Weise betroffen sind. Wir werden sie und ihr Andenken in Ehren halten“, sagte Ingrid Wall.

Die Teilnahmegebühr zu den Läufen gehen vollständig an den Fond, den Kim Walls Eltern nach ihrem Tod eingerichtet haben, und ihre Idee ist, dass jedes Jahr am Geburtstag ihrer Tochter ein Journalistenpreis an eine junge Frau, die wie Kim ihren Arbeitsplatz auf der ganzen Welt hat, in Form eines Stipendiums vergeben wird.

Laut den beiden Initiatoren des „Kim Wall Runs“ in Trelleborg, Lotta Wahlqvist und Lotta Kjellander, sollte der Lauf alljährlich stattfinden. Die Eltern schließen sich diesem Wunsch der Initiatorinnen an und hoffen, dass auch im nächsten Jahr auf allen Kontinenten wieder gelaufen wird.

Die Geschichte von Kim Wall wurde von Medien aus vielen Teilen der Welt erzählt. Zuerst war da die Suche nach dem verschwundenen U-Boot und der Kampf gegen die Zeit, da noch Hoffnung auf Überleben bestand – dann die Ermittlungen der Polizei und Monate der Suche mit Tauchern und speziellen Hunden, bis Kim Wall nach und nach gefunden wurde. Danach der Prozess, den auch die Eltern verfolgten, und die Verurteilung ihres Mörders.

„Es ist so furchtbar ungerecht, was sie ausgesetzt war!“ sagte Ingrid Wall. Aber der Lauf handelte vom Leben und machte Hoffnung auf die Gemeinschaft so vieler Menschen, die sich an Kim Wall erinnern und sie ehren. Auch beim Lauf in Trelleborg war der Zieleinlauf nahezu aller Läufer von Lachen begleitet und drückte Freude aus – das war sowohl bei den Teilnehmern so als auch bei den Eltern von Kim Wall. „Unsere Trauer ist nicht weniger. Sie ist im Herzen spürbar, aber es fühlt sich unter so vielen Menschen gut an“, sagte Joachim Wall. „Ich bin stolz auf Kim. Aber ich bin auch stolz und dankbar, dass es so viele gibt, die sich hier heute ihretwegen getroffen haben“, fügte er hinzu.

von

Günter Schwarz – 11.08.2018