(Esbjerg) – Wenn es nach Esbjergs Hafengesellschaft geht, sollen Parkplätze und eine große Kreuzung an einem Ort entstehen, an dem sich heute ein 119 Jahre altes Gebäude befindet. „Esbjerg Byfond“ (Esbjerg Stadtstiftung) fordert: „Das Gebäude ist Teil von Esbjergs Wiege und muss erhalten bleiben!“

Der Direktor von Esbjergs Hafengesellschaft steckt den Schlüssel in das Schloss und dreht ihn um. „Ich musste nur herausfinden, wo der Schlüssel war, weil wir nicht jeden Tag hierher kommen“, sagt Ole Ingrisch. Im Inneren des Gebäudes – genannt der Gelbe Palast – befindet sich ein weitgehend leerer Raum. Schwere Balken und Holzstützen tragen das Gebäude. „Es sieht völlig authentisch aus“, sagt der Hafenchef.

Der Raum nebenan diente einmal als Standraum für Rinder. Das Gebäude diente zur Unterbringung von in Quarantäne gehaltenen Rindern vor der Verschiffung der Tiere von Esbjerg nach England. Jetzt soll das einstige Quarantänegebäude abgerissen werden. Zumindest wenn es nach dem Eigentümer geht: Esbjerg Hafen. Die Hafengesellschaft stellte einen Antrag an die Stadtverwaltung, um es abreißen zu dürfen.

„Wir wollen das Gebiet nutzen, um den Verkehrsknotenpunkt zu verbessern, der von vielen Lastwagen, normalen Autos, Fußgängern und Radfahrern frequentiert wird. Und dann würden wir gerne einige Parkplätze bauen, da es davon im Hafengebiet zu wenige gibt“, sagt Ole Ingrisch, Direktor von „Esbjerg Havn“.

Dem wird sich „Esbjerg Byfond“ entgegenstellen, sagt der Vorsitzende der Stiftung, die die Stadtverwaltung bei Renovierungen von denkmalgeschützten Gebäuden berät. „Das Quarantänegebäude ist unter anderem ein wichtiges und einzigartiges Stück im Hafen von Esbjerg. Von hier aus hat sich die Stadt entwickelt. Es sollte nicht abgerissen werden“, sagt Helene Plet und fügt hinzu: „In Dänemark wurden 25 Industriedenkmale ernannt, und Dokhavnen ist eines von ihnen. Das ist schon etwas Besonderes.“


Ole Ingrisch will eine Kreuzung und Parkplätze, wo sich der Gelbe Palast befindet.
Esbjerg Havns Plan ist es, das Quarantänegebäude abzureißen und es im Bereich des Fischerei- und Seefahrtsmuseums wieder aufzubauen. „Es ist Esbjergs Geschichte, die man erleben sollte, wo es auch Platz dafür gibt. Und um das zu tun, so wissen wir von anderen Orten wie von der Altstadt von Aarhus und den Freiland Museen, kann man kulturelles Erbe bewahren, indem die Häuser an einen Ort gebracht werden, an dem man sich um sie kümmern kann“, sagt Ole Ingrisch.

Aber die Vorsitzende vom „Esbjerg Byfond“ stimmt dem überhaupt nicht zu. „Sie reißen das Gebäude aus ihrem Zusammenhang und aus ihrem Kontext heraus. Es verliert seinen Wert, und es macht keinen Sinn, es zu versetzen“, sagt Helene Plet.

Das erkennt auch Ole Ingrisch an und sagt dennoch: „Ja, das stimmt. Es hat schon seinen Preis. Aber wir brauchen das Gebäude nicht mehr.“

Zu Beginn war das Gebäude weiß mit einem roten Ziegeldach. Heute ist es gelb und mit modernen schwarz glasierten Dachziegeln gedeckt. Das Gebäude ist den Esbjergern gut bekannt – zumindest denen, die im Hafen spazieren gehen. Viele nutzen es als eine Art Brücke zwischen dem Stadtzentrum und dem Hafen, um in dem alten und kleinen Hafengebiet, das nicht abgesperrt ist, spazieren zu gehen.

„Nun, nach 150 Jahren, in denen die Stadt mit dem Hafen schließlich zusammengewachsen sind, erscheint es eher paradox, einen Teil dieser Geschichte abzureißen, den jeder Tourist oder Besucher hier unten im Hafen gesehen haben sollte“, sagt sie.

Die Konsultationsphase bis zur Entscheidung über einen Abriss endet am 17. Oktober. Der Fall muss dann noch politisch im Stadtrat behandelt und entschieden werden.


Der Abbruchantrag, der auf der Website der Kommune Esbjerg veröffentlicht wurde.

von

Günter Schwarz – 11.10.2018