(Charlottenborg) – Man sollte bei dieser Kunstausstellung nicht mit einer Gymnastikschau von Stellungen rechnen, aber es besteht dennoch durchaus die Möglichkeit, dass sich der eine oder andere verärgert zeigt.

Am 01. Juli 1969 wurde die Grenze dessen, was man im öffentlichen Raum betrachten konnte, radikal geändert. Pornografie wurde in Dänemark als erstes Land der Welt freigegeben.

Dieses feiert die Kunsthal Charlottenborg mit der Ausstellung „Art & Porn“, die zeigt, wie sich die Beziehung zwischen Porno und Kunst in den letzten fünf Jahrzehnten entwickelt hat. Von der Legalisierung der Bildpornografie in den 1960er Jahren bis hin zum gegenwärtigen Feminismus der „vierten Welle“.

„Um es direkt zu sagen, geht es um das Selbstverständnis und die Identität der Dänen. Nach 1969 kamen Menschen aus aller Welt nach Dänemark, und die Dänen wurden in ein Bild gesetzt, ein sehr liberales, offenes und tolerantes Volk zu sein. Es ist eine Identität, die wir immer noch lieben, denke ich, und sie stammt aus dieser Zeit“, sagt Michael Thouber, Direktor der Kunsthal Charlottenborg.

Die Ausstellung befasst sich jedoch auch damit, wie sich sie die Kunst durch das Pornogesetz verändert hat. Laut Michael Thouber ist die Veröffentlichung von Bildpornografie eines der wenigen Male in der Kunstgeschichte, bei der nachgewiesen werden kann, dass ein Kunstwerk dazu beigetragen hat, gegen geltendes Recht zu verstoßen.

Es ist Wilhelm Freddies „Sex-paralysappeal“, das erstmals 1937 ausgestellt und sofort angegriffen wurde, und wofür Freddie wegen Pornografie zu einer sogenannten „Knechtschaft“ verurteilt wurde.

Wilhelm Freddies Kunstwerk „Sex-paralysappeal“.

Dreißig Jahre später wurde es erneut in einer neueren Version ausgestellt und ein weiteres Mal wurde es beschlagnahmt. Das Kunstwerk gewann jedoch in den 1960er Jahren zunehmend Beachtung und ebnete den Weg für die endgültige Freigabe von Pornografie.

„Wilhelm Freddie wurde in den Parlamentsdebatten zur Freigabe und Gesetzesänderung mehrfach erwähnt. Hier habe die Kunst einen großen Einfluss auf die Entwicklung der geltenden Gesetzgebung gehabt“, sagt Michael Thouber.

Während die Freigabe im Jahr 1969 ein Showdown der Zensur von Bildpornografie war, sagt „Art & Porn“, dass die Entwicklung seither beinahe eine Rundtour hinter sich hat, so dass wir heute zurück in die Zeit vor 1969 sind und Wilhelm Freddies Kampf gegen die Zensur wieder relevant ist.

Aber während Freddie damals gegen den Staat kämpfte, kämpfen die Künstler heute gegen einige der weltweit größten privaten Internetunternehmen, die eine sehr transparente und rigorose Zensur in den allgegenwärtigen sozialen Medien betreiben.

„Einige der jüngeren Künstler, die wir haben, nutzen häufig soziale Medien für ihre Arbeiten. Sie stellen dann aber fest, dass wir in Dänemark zwar ein liberales Gesetz haben, aber wenn sie etwas auf Instagram posten, wird es sofort gelöscht“, sagt Michael Thouber.

Das Kunstwerk „Rich Rose“ von Anna Uddenberg.


Die Vernisage der Ausstellung wird am Freitag, dem 4. Oktober, stattfinden, und sie läuft dann bis zum 20. Januar 2020.

Obwohl die Ausstellung den Titel „Art & Porn“ trägt, sollte man nicht erwarten, dass es sich um reine Show von Stellungsgymnastik handelt, für deren Teilnahme man bezahlt.

„Es ist charakteristisch für die gesamte Ausstellung, dass wir keinen Porno zeigen. Wir zeigen Künstler, die auf dem Gebiet der Pornografie gearbeitet haben. Glauben Sie nicht, dass Sie hier hereinkommen, um sich Pornobilder oder den Playboy anzusehen. Es ist eine Kunstausstellung, in der viele der Werke dem Publikum nur wahrscheinlich sehr pornografisch erscheinen“, sagt Michael Thouber.

von

Günter Schwarz – 16.09.2019