Die Krimtatarin mit ukrainischem Pass Jamala gewinnt den 61. Eurovision Song Contest 2016 für die Ukraine und konnte mit ihrem Song „1944“ nicht nur die Herzen der Jury sondern auch die der Zuschauer gewinnen.

Dieser Song mit historischem Hintergrund, der sich am Beispiel der Urgroßmutter der Künstlerin die Geschichte mit der Deportation der Krimtataren durch das Stalin Regime nach Zentralasien befasst, sorgte im Nachbarland Russland vorab schon für reichlich Unruhe, und aus politischen Kreisen versuchte man vergeblich, den Auftritt der Sängerin Jamala zu verhindern. Mit dem Gewinn des Contests gipfelten die Vorwürfe von zahlreichen Abgeordneten der Duma (russisches Parlament) dann darin, der Gewinn der Ukraine des Eurovision Song Contests sei eine politische Entscheidung gewesen, was die staatlich gelenkten Medien Russlands selbstverständlich „gehorsam“ und unverzüglich veranlasste, diese „Weisheit“ im Volk flächendeckend zu verbreiten.

Zur „Objektivität“ des Teilnehmerlandes Russland in Bezug auf ein faires Abstimmungsverhalten durch die angeblich „politisch gelenkten“ Juroren und Zuschauer sei jedoch angemerkt, dass der russische Sender RTR das ESC-Jurymitglied Anastasia Stotskaja suspendieren musste. Sie hatte ein Video von der geheimen Punktevergabe ins Netz gestellt!

Aber dürfen auch wir jetzt in Deutschland oder in unserem Nachbarland Dänemark gar erwarten, dass die Abgeordneten unserer Volksvertretungen für unsere Teilnehmer/in am ESC 2016 „auf die Barrikaden“ gehen, um die „nationale Schande“ zu sühnen? Schließlich hat Deutschland im Finale mit dem Beitrag „Ghost“ von Jamie Lee erfolgreich seinen letzten Platz aus dem vergangenen Jahr verteidigt und Dänemark schied 2016 bereits im Halbfinale aus, wie es im Jahr zuvor ebenfalls der Fall war.

Dennoch war das Finale am Pfingstsamstag in Stockholm in diesem Jahr spannend wie nie zuvor, denn erstmals in der Geschichte gaben nicht nur Juroren ihre Stimme für die Teilnehmer ab, denn später wurden dazu zusätzlich die Punkte der Fernsehzuschauer aufaddiert, was zu massiven Verschiebungen führte. Zunächst hatte die aus Korea stammende Australierin Dami Im mit 320 Punkten nach der ersten Runde fast uneinholbar vorne gelegen – gefolgt von der Ukraine mit 211, Frankreich mit 148 sowie Russland und Belgien mit jeweils 130 Punkten. Dann aber gaben Petra Mede und Måns Zelmerlöw die Punkte der Zuschauer bekannt, beginnend mit den Ländern, die am schlechtesten abgeschnitten hatten (wozu leider auch wieder Deutschland gehörte) und schob die Ukraine auf Platz 1 vor. Australien fiel auf Platz 2 zurück, und Russland rutschte noch an Frankreich vorbei und erreichte den respektablen Platz 3, der eigentlich kein Anlass sein sollte, unzufrieden über diesen Erfolg zu sein.

von

Günter Schwarz – 16.05,2016