Mit dem Thema einer Islamisierung wird auch immer wieder die Scharia erwähnt. Damit gemeint ist das religiöse Gesetz des Islam. Zwar umfasst dieses Gesetz die Gesamtheit der Rechte und Pflichten, die in einer islamischen Gesellschaft zu beachten und zu erfüllen sind, doch steht der Begriff »Scharia« in Europa eher als Inbegriff »barbarischer Strafen«. Dieben hackt man die Hände ab, Missetäter werden öffentlich ausgepeitscht oder erhängt und untreue Ehefrauen steinigt man auf dem Marktplatz. Strafen also, die in der deutschen Rechtsprechung so nicht mehr vorgesehen sind.

Trotz einer durchaus langen und farbenprächtigen Tradition der Körperstrafen in Europa, sind diese inzwischen in allen europäischen Ländern abgeschafft und explizit verboten. Darin eingeschlossen ist der ältere und von der Körperstrafe begrifflich abzugrenzende Ausdruck der Leibesstrafe, welcher vornehmlich das Abschlagen von Gliedmaßen (besonders Händen, Ohren, Nase), die Blendung, das Brandmarken, das Abscheren von Haar (bei Frauen) und Bart (bei Männern) umfasst. Das öffentliche Anprangern (zum Beispiel das öffentliche Schließen in den Block) ist unter den Begriff der Ehrenstrafe zu fassen, da hier keine direkte Einwirkung auf die körperliche Unversehrtheit stattfindet. Auch das ist verboten.

Etwas verbieten ist die eine Sache. Ein Verbot wird allerdings nicht dafür sorgen, dass eine Gesellschaft dieses Verbot auch gesellschaftlich akzeptiert. Insbesondere Soziale Medien machen deutlich, dass die gesellschaftliche Akzeptanz für Körper-, Leibes- und Ehrenstrafen durchaus gegeben ist. Immer dann, wenn die Rechtsprechung, oder die zu erwartende Rechtsprechung, von dem Rechtsbewusstsein einer Gruppe abweicht, wird der Ruf zu »härteren Strafen« lauter.

Selten gipfeln solche Rufe in einem Gewaltexzess, wie er im Mai 2015 in Guatemala stattfand: Zwei Männer und ein 16jähriges Mädchen sollen einen Taxifahrer ausgeraubt und ermordet haben. Bei der Flucht gerät das Mädchen in die Hände einer wütenden Meute, die die junge Frau umringt. Über 15 Minuten malträtiert die johlende Menge das Mädchen mit Schlägen und Fusstritten, bis sie entkräftet zu Boden stürzt. Jemand stürmt auf sie zu, überschüttet sie mit einer brennbaren Flüssigkeit und zündet das Mädchen bei lebendigem Leibe an. Nach vier langen Minuten stirbt das Mädchen. Niemand hilft. Die Menge johlt und applaudiert. Es werden Handy-Filme gemacht, von denen einer auf YouTube landet und dort über 100.000 mal gesehen und geteilt wird, bevor man ihn vorübergehend entfernt.


Screenshots aus dem YouTube Video, dessen Link wir an dieser Stelle nicht zur Verfügung stellen.

Das Beispiel soll dokumentieren, dass sich solche Fälle nicht nur in den »unzivilisierten« Ländern des Islam abspielen, sondern sehr wohl auch in westlichen Gesellschaften. Immer wieder kommt es zu gewalttätigen Übergriffen auf vermeintliche Täter. Die grundsätzliche Akzeptanz für solche Gewalt findet sich auch in Deutschland. Wer kennt nicht den Spruch aus den Sozialen Medien: »Stoppt Tierversuche – nehmt Kinderschänder!«

In einer Dokumentation wird beschrieben, wie gut es sich anfühle IS-Kämpfer zu töten. Die Mehrheit klatscht Beifall, denn selbstverständlich haben die Mörder des IS aus »moralischer Sicht« jedes Recht auf Leben verwirkt. Wenn immer die Medien über Vergewaltiger, Kindermörder oder andere Abgründe berichten, türmen sich Forderungen nach Todesstrafe oder Folter.

»Wer ein Kind vergewaltigt, dem sollte man…«

Die Scharia hätte die passende Strafe dazu.

von
Michael Schwarz – 02.06.2016