Sexueller Übergriff von Flüchtlingen auf Frau war frei erfunden
In Flensburg sollen zwei Nordafrikaner eine Frau im Bahnhofsbereich sexuell belästigt haben. Wochen später kam es zur Anzeige. Zu Unrecht!
Eine 61-jährige Frau meldete am 25. Januar mit einer etwa vierwöchigen Verspätung der Polizei einen sexuellen Übergriff, der auf dem Flensburger Bahnhof durch Flüchtlinge angeblich an einer Frau begangen wurde. Die Bahnhofshalle, die seinerzeit noch Durchgangsstation für Tausende Flüchtende war, soll am Dienstag, den 29. Dezember, der Tatort gewesen sein. In aller Öffentlichkeit hätten zwei Nordafrikaner eine Frau sexuell belästigt. Nun stellt sich heraus: Das stimmte alles nicht!
Dass männliche Flüchtlinge gegen Frauen sexuelle Gewalt ausüben könnten, ist ein oft geschürtes Vorurteil. Diese Flensburger Anzeige passte sozusagen perfekt in die bundesweit grassierende Hysterie, die den Ereignissen der Kölner Silvesternacht vom Hauptbahnhof folgte, und sie wurde von daher von der Flensburger Polizei auch sehr ernst genommen.
Die Schilderung der damals – vermeintlichen – Beobachterin war ziemlich detailreich. Um 17.45 Uhr wollte die Zeugin beobachtet haben, wie einer von zwei jungen Nordafrikanern eine junge Frau in der Bahnhofshalle unsittlich berührte, während der zweite sich dazu selbst befriedigte. Das Opfer habe lautstark protestiert, sie – die Zeugin – habe sich eingemischt, die Täter vertrieben, sich um die weinende Frau gekümmert, die jedoch ärztliche und polizeiliche Hilfe abgelehnt habe. Die Frau sei kurz darauf in einen Zug nach Kiel eingestiegen, und danach habe sich ihre Spur verloren.
Der Flensburger Ratspolitiker Heinz-Werner Jezewski gehörte damals zu den zahlreichen Helfern, die sich in der Flüchtlingshilfe engagierten. Er hatte die damals erfolgte Publikation in den Medien verfolgt und hakte Wochen später nach, was aus den polizeilichen Ermittlungen geworden war. Zu seiner Überraschung erfuhr er, dass die Ermittlungen eingestellt worden waren, weil sich die Beschuldigung gegen Unbekannt nicht aufrecht erhalten ließ. Heinz-Werner Jezewski fand: „Dann muss man auch diesen Teil der Geschichte erzählen.“ Als Flüchtlingshelfer ist es ihm wichtig, dass nicht auf diese Weise Vorurteile, Vorbehalte und Unfrieden genährt und Vorschub geleistet werden.
Ulrike Stahlmann-Liebelt bestätigte als Sprecherin der Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens. Die Ermittlungen hätten keinen Hinweis auf ein solches Geschehen erbracht. Als Zeugen befragte Bundespolizisten, die damals in unmittelbarer Nähe des angeblichen Tatorts waren, hätten nichts bemerkt oder gesehen.
Nach dieser ersten Ermittlungsrunde, so Polizeisprecherin Franziska Jurga, sei die Zeugin nochmals befragt worden. Die Frau sei dann in dieser zweiten Zeugenvernehmung von der ursprünglichen Darstellung abgerückt und habe dann ausgesagt, sie sei von den Polizeibeamten bei der Aufnahme der Anzeige missverstanden worden.
von
Günter Schwarz – 08.06.2016