Dänemarks Kulturminister Bertel Haarder (Venstre / rechtsliberale Partei) hat beim gestrigen Årsmøde (Jahrestreffen) der dänischen Minderheit in Flensburg im Beisein des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Thorsten Albig (SPD), des Landtagspräsidenten Klaus Schlie (CDU) und der Europaministerin Anke Spoorendonk (SSW) die Idee vorgebracht, das Zusammenleben im deutsch-dänischen Grenzland auf die Liste der Unesco als Weltkulturerbe zu setzen. Dieses könnte seiner Auffassung nach bis zum Jahr 2020 geschehen.

Deutschland hat derzeit OECS-Vorsitz

Haarder sagte während einer Diskussionsrunde über den dänischen Wertekanon, das Zusammenleben der deutschen und dänischen Mehr- und Minderheiten laufe derart gut, „dass es eigentlich auf die Liste der Unesco als Weltkulturerbe gehört“.

Dieser Vorschlag stieß sowohl beim Vorsitzenden der Sydslesvigsk Forening/SSF (Südschleswigscher Verein) Jon Hardon Hansen als auch beim Hauptvorsitzenden des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Hinrich Jürgensen, auf großes Interesse. Jürgensen nutzte eine sich anschließende Fragerunde und hakte nach. Er schlug dem Minister vor, Nägel mit Köpfen zu machen, um das Minderheitenleben des Grenzlandes bis zum Jahr 2020 auf die Liste der Unesco setzen zu lassen. „Haarder hat mir versichert, die deutsche Regierung darauf anzusprechen. Um zu untersuchen, ob man das bis 2020 hinkriegen kann“, freut sich Jürgensen. Da Deutschland derzeit den Vorsitz der OECD führt, sehen Haarder und Jürgensen reelle Chancen auf eine Prüfung des Titels.

Der Titel Weltkulturerbe wird von der Unesco an Stätten vergeben, die aufgrund ihrer Einzigartigkeit, Authentizität und Integrität weltweit bedeutend sind und die von den Staaten, in denen sie liegen, für den Titel vorgeschlagen werden. Minister Haarder zeigte sich offen, einen entsprechenden Vorschlag zusammen mit Deutschland einzureichen. „2020 ist in Dänemark das Jahr der Wiedervereinigung. Die 100 Jahre Volksabstimmung werden in Deutschland zwar nicht gefeiert, denn man hatte den Ersten Weltkrieg und Nordschleswig verloren. Aber es gibt ja doch viel zu feiern – diese per Volksabstimmung gezogene Grenze ist noch heute und trotz des Zweiten Weltkrieges eine, an der friedlich miteinander gelebt wird. Wenn wir uns Europa derzeit anschauen, sind wir wirklich ein Vorbild“, sagt Jürgensen, der nun die entsprechende Vorarbeit zusammen mit der dänischen und der deutschen Regierung in die Wege leiten will.

Ministerpräsident Albig bezeichnete die schleswig-holsteinische Minderheitenpolitik als vorbildlich. „Mehrheit und Minderheit bestimmen gemeinsam die Geschicke des Landes. Die Landesverwaltung berücksichtigt und achtet die Minderheiten“, sagte der Regierungschef. Dänisch, Friesisch, Romanes und auch Plattdeutsch gehörten ebenso zu Schleswig-Holstein wie das Hochdeutsche.

Das deutsch-dänische Verhältnis hat sich auch nach Ansicht von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) stetig verbessert. „Wir können uns offen und direkt austauschen. Auch über pikante Fragen“, sagte Albig und in diesem Zusammenhang hoffe das nördlichste Bundesland auf ein baldiges Ende der temporären Kontrollen an der gemeinsamen Grenze. „Was aber kennzeichnend ist für unsere Zeit, ist, dass solche Differenzen nicht zu einer neuen Eiszeit führen. Weder zwischen den Ländern, noch zwischen den Minderheiten und Ländern“, merkte er an.

Die dänische Grenzpolitik ist Thema eines deutsch-dänischen Ministertreffens heute in Kiel. Schleswig-Holsteins Innenminister Stefan Studt (SPD) und Europaministerin Anke Spoorendonk (SSW) empfangen dazu im Gästehaus der Landesregierung die dänische Integrationsministerin Inger Støjberg (Venstre / rechtsliberale Partei). Nach Angaben des Innenministeriums soll es bei dem Treffen auch über das neue dänische Staatsbürgerschaftsgesetz und dessen Auswirkungen auf die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein gehen. Außerdem wollen die Minister über die Integration der Flüchtlinge sowie die Sicherheitslage und Terrorismusbekämpfung sprechen.

von

Günter Schwarz – 13.06.2016