Fund in Starup – Fass ohne Boden
Haderslever Archäologen graben Schuh und Fassbrunnen aus dem Mittelalter aus: Die Siedlung in Starup bei Haderslev war größer als erwartet und bislang erforscht.
Der Fund sieht zugegebermaßen mit den Augen eines Laien betrachtet wenig spektakulär aus und eigentlich eher wie ein breitgetretener Kuhfladen. Doch auf einer Skala von eins bis zehn bewertet Ausgrabungsleiter Anders Hartvig den Schuhfund als „klaren Neuner“. Das Schuhzeug stammt höchstwahrscheinlich aus dem Hochmittelalter, Ende des 13. Jahrhunderts, so lauten die ersten Schätzungen. Der Fund sei, wie Archäologin Frauke Witte erläutert, auch nicht mit Gold aufzuwiegen: „Diese Überbleibsel längst vergangener Jahrhunderte verraten uns einiges über die damalige Zeit. Sie geben Aufschluss über Handwerkstechniken, Materialbeschaffenheit, Herkunft und natürlich über die Zeit, in der sie entstanden sind und damit Aufschluss über die Besiedlung Starups.“ Dieses Kapitel, über das u. a. Archäologe Hartvig im Frühjahr eine Publikation veröffentlicht hatte, dürfte nun fortgeschrieben werden, denn die jüngsten Entdeckungen kamen selbst für Fachleute völlig überraschend.
„Wir haben nicht damit gerechnet, hier überhaupt etwas zu finden, da es viel zu feucht ist“, erläutert Frauke Witte. Inzwischen deutet jedoch alles darauf hin, dass der Wasserstand erst im Laufe der Jahrhunderte gestiegen ist und die Siedlung von Starup weitaus größer gewesen ist, als zunächst angenommen wurde. Bei den Ausgrabungsarbeiten im Vorfeld der Etablierung eines Regenwasserauffangbeckens in unmittelbarer Nähe der Kirche machten die Fachleute eine weitere Entdeckung: einen Fassbrunnen, den sie aus einer Höhe von ca. zwei Metern bargen. Man könnte fast sagen, unter Einsatz von Leib und Leben: „Plötzlich bildeten sich an den Seitenwänden des Grabens Risse – Wasser drang ein. Das heißt: Nichts wie weg! Es ist nicht ungefährlich, feuchte Erdmassen abzubekommen.“ Leider gelang es nicht, den Fassbrunnen in Gänze zu bergen, obwohl die Archäologen alles getan hatten, ihn mithilfe von Styropor vor Außeneinwirkung zu schützen: „Er fiel in sich zusammen!“
Demnächst wird entschieden, ob der Brunnen konserviert und nachfolgend ausgestellt wird. Bei dem wertvollen Schuh erübrigt sich diese Frage. Er wird der Nachwelt auf jeden Fall erhalten bleiben – auch wenn es noch ein wenig dauern dürfte, bis aus den kläglichen Relikten wieder ein Schuh wird.
Fotoerläuterung
Das Fass wird einer Provenienzanalyse unterzogen, die u. a. Aufschluss über dessen Verwendungszweck geben wird, bevor es als Fassbrunnen zum Einsatz kam. Foto oben links: Der freigelegte Graben, in dem die Rohre verlegt werden, offenbarte ebenfalls interessante Funde aus dem Mittelalter, u. a. Keramikreste, die Anders Hartvig (Foto rechts, mittig) vorzeigt. Aufschlussreich ist auch das „Loch“ im Fass ( Foto Mitte). Diese Öffnung diente laut Frauke Witte (Foto links) dem Säubern des sekundär genutzten Fassbrunnens.
Der interessanteste Fund ist der Schuh mitsamt Schuhsohle (Foto unten). Er soll konserviert – und wieder zu einem ganzen Schuh werden. Viel zeitgenössischer Schrott (Foto oben rechts) war auch unter den Entdeckungen der Fachleute.
von
Günter Schwarz – 25.06.2016