Er ist der einzige Afrikaner in der AfD Schleswig-Holstein und sogar Mitglied im Landesvorstand der rechtspopulistischen Partei. Ein Portrait.

Würde man die Frage stellen, ob die „Alternative für Deutschland“ in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, muss man anhand der Lage der Parteizentrale des schleswig-holsteinischen Landesverbandes ganz klar die Antwort geben: „Ja, und sie befindet sich mitten in der Kieler Innenstadt.“ Meist ist die Tür jedoch abgeschlossen, denn sicher ist sicher. Zu oft wird das Büro attackiert, werden Fensterscheiben demoliert und mit Sprüchen wie „Nazis raus“ bemalt oder besprüht.

Gemeint ist damit auch ein Einwanderer: Achille Demagbo. Der 36-Jährige stammt aus Benin, einem der ärmsten Länder der Welt, das auf der Karte in Westafrika zwischen Togo und Nigeria zu finden ist. Er ist der einzige Afrikaner in der AfD Schleswig-Holsteins, sogar Mitglied im Landesvorstand. Sein Spezialgebiet: Einwanderung und Integration. Was Sinn macht. Demagbo kam vor zwölf Jahren nach Deutschland und hat es selbst erlebt, wie es ist, als Dunkelhäutiger in einem fremden Land neu anzufangen. Der Bundesrepublik sei er „sehr dankbar, weil sie mir sehr viel gegeben hat. Ich liebe dieses Land.“

Demagbo sagt das mit Inbrunst. Patriotismus voller Pathos kennt man von der AfD. Aber wie passt ein Afrikaner zu einer Partei, die immer wieder mit Vorwürfen konfrontiert wird, Ausländer ausgrenzen zu wollen? Demagbo nennt es „zutiefst undemokratisch“, als Vertreter „stark wertkonservativer Ansichten“ zum Rechtsradikalen abgestempelt zu werden. „Ich wäre niemals in eine fremdenfeindliche Partei eingetreten. Wäre sie rassistisch, würde sie kaum einen Schwarzafrikaner dulden und fördern, oder?“
So erklärte es Demagbo vor einem Jahr, als noch Bernd Lucke Parteichef und die AfD weniger rechts war.

In jenen Tagen sagte Demagbo über seine politische Ausrichtung: „70 Prozent Lucke, 30 Prozent Petry“. So verwundert es auch nicht, dass der Mann aus Benin zunächst mit einem Eintritt in die CDU liebäugelte, für die „mein Herz geschlagen hatte“. Doch seien ihm die Christdemokraten unter Kanzlerin Angela Merkel viel zu stark nach links gerückt.

Als er Lucke Anfang 2013 in einer Polit-Talkshow „zehn Minuten“ zugehört habe, sei er noch vor Ende der Sendung online in die Partei eingetreten. „Ich hatte meine politische Heimat gefunden.“ Während viele Mitglieder den schleswig-holsteinischen Landesverband nach der Parteispaltung im Sommer 2015 verließen, brach Demagbo mit der einstigen AfD-Galionsfigur aus Enttäuschung über Lucke, wie er betont.
Natürlich gibt sich Demagbo durch und durch wie ein AfD-ler. Demagbo wettert gegen die Einwanderungspolitik Merkels und deren „Rechtsbruch“, die Türen für Millionen Flüchtlinge zu öffnen. Es gehe nicht an, zu sagen: „Wir schaffen das, alle rein. Das ist unmöglich.“ Doch solche Sätze kennt man auch von CSU-Chef Horst Seehofer. Nichtsdestotrotz gehört der 36-Jährige nach wie vor zu den gemäßigten Kräften in seiner Partei und bemüht sich um Differenzierung – was wahrlich nicht jedermanns Sache in der AfD ist. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle sagte er etwa in einem öffentlichen Vortrag: „Es geht nicht um den gesamten Islam. Es geht um jenen Teil des Islams, der vorschreibt, Schädel abzuschlagen, Ungläubige hinzurichten und jeder anderen Weltsicht mit Gewalt entgegenzutreten.“ Dieser Islam habe keinen Platz in der Demokratie. Allerdings: „Pauschal Flüchtlinge des radikalen Islamismus zu verdächtigen, ist auch falsch.“ Das würden Politiker alteingesessener Parteien glatt unterschreiben. Die Frage ist nur, ob sich der Afrikaner nicht wie so viele andere seiner Mitstreiter – berauscht von den Wahlerfolgen – immer weiter radikalisiert.

Einer, der ihn aus Zeiten der Lucke-AfD noch bestens kennt, hält das für gut möglich. Er meint: „Achille Demagbo ist leicht beeinflussbar. Er tut das, was man ihm sagt.“ Das klingt nach einer willenlosen Person, die sich leicht vereinnahmen lässt. Genau das wird in linken Kreisen auch immer wieder vermutet. Doch der 36-Jährige wirkt nicht wie jemand, der nicht weiß, was er tut. Im Landesverband ist er anerkannt, seine Mitstreiter schätzen ihn. Und was sollte die AfD tun, dem Verdacht zu begegnen, sie missbrauche einen Dunkelhäutigen? Ihn rausschmeißen? Dann stünde Deutschland Kopf.

von

Günter Schwarz – 27.06.2016