Noch ruhiger als auf unserem Beitragsbild zu sehen, wird es spätestens ab dem 1. Juli auf den 179 Sitzen im dänischen Folketing (Parlament) zugehen, denn dann sind auch die letzten Abgeordneten in den Parlaments-Sommerferien, die offiziell bereits vorgestern, am 27. Juni, begonnen haben und am 21. August enden werden.

Somit senkt sich der „Sommerfrieden“ über die politischen Akteure in Dänemark. Eingeleitet wurde die alljährliche Ruhephase bereits durch die Abschlussdebatte im Folketing, bei der die Regierung sich selbst lobte und die Opposition alles genau in das Gegenteil umkehrte. So weit, so bekannt.

Doch neben den politischen Ritualen, rumort es gewaltig in der dänischen Parteipolitik. Das Gewittergrollen, das im schönen Frühsommer bereits zu vernehmen war, wird sich spätestens im Herbst zu einem politischen Unwetter entladen. Einige Oppositionspolitiker spekulieren bereits darauf, dass ein Scheitern der Verhandlungen im Herbst im sogenannten bürgerlichen Lager und eine desaströse Kommunalwahl für Venstre im Jahr darauf, das Ende der Regierung Lars Løkke Rasmussen mit sich führen könnte. Die Umfragewerte sind für die Regierungspartei derzeit sogar noch schlechter, als bei der 19-Prozent-Desasterwahl des vergangenen Jahres. Das Venstre-Debakel wurde damals nur dadurch übertüncht, dass die Partei die Regierungsverantwortung erlangte.

Wie angespannt die Lage zwischen der Regierung und den regierungstragenden Fraktionen (Konservative, Liberale Allianz, Dansk Folkeparti) ist, wurde bei den Verhandlungen über die Anschaffung neuer Kampfflugzeuge für die Luftwaffe deutlich. Verteidigungsminister Peter Christensen, der aus der politischen Versenkung (er wurde nicht ins Folketing gewählt) durch seinen guten Freund Lars Løkke Rasmussen direkt ins Verteidigungsministerium berufen wurde, hat einen nicht unerheblichen, persönlichen Verhandlungserfolg verbucht. Gemeinsam mit den Sozialdemokraten, Radikale Venstre, Liberalen Allianz und Dansk Folkeparti wurde der Entschluss getroffen, 27 neue Kampfflugzeuge des Typs F38 in den USA zu kaufen. Dass die Konservative Partei sich nicht an diesem parteiübergreifenden Flugzeugdeal beteiligte, hat jedoch Schockwellen durch das bürgerliche Lager gesandt. Damit sind die Konservativen vorerst von allen Entscheidungen zum Verteidigungshaushalt ausgeschlossen – auf unbestimmte Zeit.

Das hat es zuvor noch nie gegeben; die Konservativen sind im Selbstbild, die Partei des dänischen Militärs. Die Konservativen wollten – anders als die Sozialisten – mehr Geld für das dänische Militär; das wollte die Regierung nicht. Verteidigungsminister Peter Christensen war knallhart: Rauswurf aus den Verhandlungen. Seit der Vertreibung von Eva Kjer Hansen aus dem Landwirtschaftsministerium, für das auch die Konservativen – zumindest in der Optik der Venstre-Partei – die Verantwortung trugen, kocht es zwischen den beiden altgedienten bürgerlichen Parteien.

Doch dieser Streit ist wohl nur die Ouvertüre dafür, was uns im Herbst erwartet. Eine schier unmögliche politische Kabale muss aufgehen. Der mit Spannung erwartete 2025-Plan der Regierung, der die stotternde dänische Wirtschaft wieder auf Kurs bringen soll, steht neben Steuererleichterungen für die Besserverdienenden, die Verhandlung der PSO-Abgabe (Energieabgabe der Verbraucher) sowie viele weitere Reformideen aus den verschiedenen Parteien auf dem Verhandlungstableau. Hinzu kommt der ganz normale politische Wahnsinn, einen Finanzhaushalt zu verhandeln und das für eine Regierung, die sich nur auf 34 von 179 Abgeordneten des Parlaments selbst verlassen kann.

Sollte es Lars Løkke Rasmussen nicht gelingen, mit den bürgerlichen Parteien ein Verhandlungsergebnis in den oben beschriebenen Detail- und Verhandlungsdschungel zu finden, stehen die sozialdemokratischen Unterhändler sicher flugs bereit, der Regierung zu helfen. Sie werden ihre Regierungstauglichkeit beweisen wollen und den Keil des Streites noch tiefer in den bürgerlichen Block treiben.

Auf, auf, dass die nächste Wahl bald kommen möge! Die Opposition schaut derzeit einem heißen politischen Herbst mit Freuden entgegen. Doch Obacht: Lars Løkke Rasmussen hat schon oft zuletzt gelacht, während seine Gegner ihn schon abgeschrieben hatten

von

Günter Schwarz – 29.06.2016