„Dialog der Zivilisationen“
Der Putin-Vertraute Wladimir Jakunin gründet ein Forschungsinstitut in Berlin. Jakunin ist für seine nationalistische, antiamerikanische und homophobe Einstellung bekannt.
Wladimir Jakunin, ein enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin, wird nächste Woche in Berlin-Mitte eine neue politische Stiftung eröffnen, berichtet die „Frankfurter Allgemeine am Sonntag“.
Das Forschungsinstitut „Dialog der Zivilisationen“, das seinen Sitz bisher in Wien hatte, soll nun von Deutschland aus massiv ausgebaut werden. Das Institut solle Hauptquartier eines weltweiten Netzwerks russischer Denkfabriken werden, so das Blatt. Ko-Gründer sollen demnach der ehemalige Generalsekretärs des Europarats, Walter Schwimmer und der kremlnahe Politikwissenschaftler Peter Schulze sein.

Wladimir Jakunin
25 Millionen Euro für Putins Denkfabrik
In Zukunft sollen bis zu zwanzig feste Mitarbeiter und 30 bis 60 gebundene Experten dort beschäftigt werden. Dafür stehen laut „F.A.S.“ 25 Millionen Euro zur Verfügung. Kritiker sehen in dem nun neugegründeten Institut in Berlin ein „Instrument der hybriden Kriegsführung“, heißt es weiter.
Hierzulande war Jankunin in der Vergangenheit besonders für seine mehr als provokativen Aussagen zum Ukraine-Konflikt, Homosexuellen, den USA und ESC-Siegerin Conchita Wurst in Kritik geraten.
Jankunins Ideologie
Zum Ukraine-Konflikt sagte der damalige Chef der russischen Staatsbahn 2014, auf Druck der USA würde versucht werden, Russland westliche Werte aufzudrücken. Im Westen sei ein „vulgärer Ethno-Faschismus“ wieder in Mode, sagte er damals bei einer Tagung in Berlin. Das Wohlergehen Europas hänge stark davon ab, ob der Westen auf Dialog setze oder nach der Pfeife der USA tanze, meinte er damals. Die Sichtweise, alles Gute komme aus dem Westen, alles Böse aus dem Osten, sei gefährlich. „In den USA wissen viele Senatoren nicht mal, wo die Krim liegt.“
Feldzug gegen Schwule und Lesben
Jakunin steht auf einer Sanktionsliste der USA wegen der russischen Politik im Ukraine-Konflikt. Die Sanktionspolitik des Westens bezeichnete er als „reine Propaganda“ und weitgehend wirkungslos.
Jankunin, dem die Opposition in Moskau Korruption im großen Stil vorwarf, nutzte seinen Auftritt auch für einen Feldzug gegen die Gleichstellung von Schwulen und Lesben. Als Ausdruck eines moralischen Verfalls im Westen sah der Geschäftsmann den Sieg der österreichischen Travestiekünstlerin Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest im selben Jahr, der in Russland teils heftig kritisiert worden war.
„Abnormale Psychologie“
„Die antike Definition der Demokratie hatte nichts mit bärtigen Frauen zu tun, sondern die Demokratie ist die Herrschaft des Volkes.“ Jene Russen, die beim TV-Voting für Wurst stimmten, hätten eine „abnormale Psychologie“.
Jakunin verteidigte vehement das umstrittene russische Gesetz zum Schutz Jugendlicher vor Homosexualität. Vier Prozent der russischen Kinder würden mit einer genetischen sexuellen Abweichung von der Norm geboren, ein Viertel der 14- bis 16-Jährigen sei in Gefahr, schwul oder lesbisch zu werden. Zur Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe meinte Jakunin: „Das glaube ich erst, wenn ich einen schwangeren Mann sehe.“
Nach massiven Korruptionsvorwürfen wechselte der damalige Bahnchef im August 2015 in die Politik. Offiziell geschah dies nach Jankunins Willen, Medien stuften dies allerdings als Degradierung ein.
von
Günter Schwarz – 01.07.2016