Mehrere Heckenschützen nutzten eine Kundgebung gegen Polizeigewalt in Dallas (Texas) fünf Polizisten erschossen und weitere zum Teil schwer verletzt. Die Polizei nahm drei Verdächtige in Gewahrsam, worunter eine Frai sein soll, und ein vierter Scütze hat sich aber noch in einem Parkhaus verschanzt.

In der texanischen Metropole Dallas sind fünf Polizisten erschossen worden. Laut Angaben der Polizei eröffneten zwei Heckenschützen von erhöhten Positionen aus das Feuer. Mehrere Polizisten und ein Zivilist seien verletzt worden. Die Attacke erfolgte am Rande einer friedlichen Demonstration Hunderter Menschen gegen die tödlichen Polizeischüsse auf zwei Schwarze in Louisiana und Minnesota.
Drei Verdächtige wurden laut Polizeichef David Brown in Gewahrsam genommen: Ein Mann, nach dem mit einem Fahndungsfoto gesucht worden war, habe sich gestellt. Ein weiterer sei nach einem Schusswechsel überwältigt worden.

Ein weiterer Verdächtiger hat sich aber laut Brown in einem Parkhaus verschanzt. Dort habe er sich einen Schusswechsel mit der Polizei geliefert. Man verhandele mit dem Mann. Dieser habe damit gedroht, dass in der Stadt Bomben versteckt seien: „Er hat gesagt, er wird mehr von uns töten.“ Es sei unklar, ob es weitere Verdächtige gebe. Auch zu den Motiven der mutmaßlichen Täter sei noch nichts bekannt. Sie hätten aber so viele Polizisten wie möglich töten wollen, sagte Brown.

Zuvor hatte es in Dallas Proteste gegen Polizeigewalt gegeben. Auslöser waren zwei erschossene Afroamerikaner innerhalb von zwei Tagen. In Minnesota war am Mittwoch ein Mann im Krankenhaus gestorben, nachdem ein Polizist bei einer Fahrzeugkontrolle auf ihn geschossen hatte. Am Dienstag hatten in Louisiana zwei Polizisten einen Afroamerikaner auf einem Parkplatz zu Boden gezwungen und ihn aus nächster Nähe erschossen.

Obama: „Ein amerikanisches Thema“

US-Präsident Barack Obama reagierte äußerst besorgt auf die tödlichen Polizeischüsse auf die beiden Schwarze in Louisiana und Minnesota. Es seien keine Einzelfälle, sagte er nach seiner Ankunft beim NATO-Gipfel in Polen. Alle Amerikaner hätten Grund, beunruhigt zu sein. Viele Bürger erlebten, dass sie wegen ihrer Hautfarbe anders behandelt würden als weiße Amerikaner. Die Vorfälle von Dallas ereignete sich nach diesem Statement Obamas; dazu äußerte er sich noch nicht.

Warum fielen die tödlichen Schüsse?

Ein Toter in Louisiana, ein Toter in Minnesota – innerhalb weniger Stunden sind zwei Schwarze von US-Polizisten erschossen worden. Die genauen Umstände sind nach wie vor unklar. Doch die tödlichen Vorfälle fachen die Debatte über Polizeigewalt gegen Schwarze neu an.

Das Live-Video auf Facebook ist fast zehn Minuten lang. Diamond Reynolds spricht in die Kamera. Sie sitzt auf dem Beifahrersitz eines Autos. Auf dem Rücksitz ihre vier Jahre alte Tochter. Neben ihr, zusammengesackt, ihr Freund Philando Castile. Seine linke Schulter und sein Arm bluten. Durch das offene Fenster der Fahrertür ist ein Polizist mit gezogener Waffe zu sehen.

„Bitte, Gott, sag‘ mir, dass er nicht stirbt“, ruft sie aus. „Bitte, Officer, sagen Sie, dass Sie ihn nicht erschossen haben. Sie haben vier Schüsse abgefeuert. Er wollte Ihnen gerade seine Papiere geben.“
Die Polizei hatte das Auto der beiden in Falcon Heigths, einem Vorort von St. Paul (US-Bundesstaat Minnesota), angehalten – wegen eines kaputten Rücklichts. Was dann genau passierte, ist unklar. Die Polizisten hatten keine Bodycams. Polizist Jon Mangseth erklärte: „Während des Stopps fielen Schüsse. Ein Mann wurde ins Krankenhaus gebracht. Dort verstarb er. Am Tatort wurde eine Handwaffe gefunden.“

Was geschah mit der Waffe?

Philando hatte eine Waffe bei sich. Das hat er nach Aussage seiner Freundin auch den Polizisten gesagt. Der 32-Jährige sei ein sehr entspannter junger Mann gewesen, erzählen seine Mutter und sein Onkel auf CNN. Er habe sich an alle Gesetze gehalten.

Mutter Valarie Castile wirft der Polizei Rassismus vor. „Viele unserer afro-amerikanischen Männer, Frauen und Kinder werden von der Polizei exekutiert. Und es gibt keine Konsequenzen. Es wiederholt sich alles. Jeden Tag hört man von einem neuen Schwarzen, der niedergeschossen wird – von Leuten, die uns eigentlich beschützen sollen.“

Gerechtigkeit verlangt die Familie. Mit einer Entlassung der Polizisten wollen sie sich nicht zufrieden geben. Die Beamten müssten ins Gefängnis. Onkel Clarence zeigt sich hilflos. „Wann hört das auf? Was müssen wir tun? Muss es erst schlimmer werden, bevor es besser wird? Wir brauchen Hilfe!“

Kurz nach den tödlichen Schüssen versammelten sich viele Menschen am Tatort in Falcon Heigts. Sie halten Schilder in die Luft: „Black Lives Matter“ – schwarze Leben zählen.

Entsetzen auch in Louisiana

Trauer und Wut sind groß, auch in Baton Rouge im Bundesstaat Louisiana. Dort hatten zwei Polizisten den 37 Jahren alten Alton Sterling auf einem Parkplatz niedergerungen und, als er dem Boden lag, erschossen. Handy-Videos zeigen das. Ob der Mann eine Waffe bei sich hatte, ist unklar. Das US-Justizministerium leitete Ermittlungen ein. Lousianas Gouverneur Jon Bel Edwards hatte darum gebeten.

von

Günter Schwarz – 08.07.2016