Nach Würzburg: Sind „Train-Marshals“ die Lösung?
Nach dem Anschlag des 17-jährigen Afghanen in dem Regionalzug bei Würzburg schlagen die Wogen der Empörung hoch und landesweit setzt die Debatte darüber ein, wie darartigen Taten präventiv zu begegnen sei. Es ist allerorten die Rede von mehr Überwachung, effektive Kontrollen und bessere Kooperationen, was grundsätzlich ja auch richtig sein mag. Doch wie will man das umsetzen und realisieren?
Einigkeit besteht darin, dass gegen Einzeltäter kaum umfassender Schutz möglich ist, denn derartige Attacken, wie einer davon in dem Regionalzug geschehen ist, kann theoretisch an jedem Ort im Land geschehen. Es kann im Bus sein, auf der Staße, im Einkaufzentrum, bei einer Veranstaltung und, und und… praktisch überall.
Politiker schlagen vor, die Prävention auszubauen
Von Flüchtlingen geht nach Worten von Kanzleramtsminister Peter Altmaier keine erhöhte Terrorgefahr aus. Das hätten die Untersuchungen aus den vergangenen zwölf Monaten gezeigt, sagte der CDU-Politiker im ZDF. Die Risiken seien „nicht größer und nicht kleiner“ als in der übrigen Bevölkerung, ergänzte der für die Geheimdienste und die Koordination der Flüchtlingspolitik zuständige Minister. „Die meisten Terroristen, die in den letzten Monaten in Europa Anschläge begangen haben, waren keine Flüchtlinge, sondern Menschen, die hier geboren und hier aufgewachsen sind.“

Kanzleramtsminister Peter Altmaier
Gefahr durch Einzeltäter
Der 17-jährige Flüchtling, der am Montagabend in einem Zug bei Würzburg mit einer Axt mehrere Passagiere schwer verletzte und dann von der Polizei erschossen wurde, war vorher nie polizeilich in Erscheinung getreten. Nach bisherigen Erkenntnissen sei er offenbar von islamistischer Propaganda im Internet erreicht worden, sagte Kanzleramtsminister Altmaier. Es gebe demnach terroristische Bezüge, selbst wenn es sich um einen Einzeltäter gehandelt haben sollte.
Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl forderte als Konsequenz aus dem Anschlag eine engere Zusammenarbeit zwischen Polizei und Bundeswehr. In „bestimmten großflächigen Terrorlagen“ sei die Bundeswehr unverzichtbar, sagte Strobl im SWR. Eine derartige Kooperation müsse unbedingt optimiert und auch geübt werden.
Strobl räumte aber ein, dass bei einem Attentat wie dem von Würzburg die Sicherheitsbehörden kaum eine Handhabe hätten. Die schwierigsten Personen seien die sogenannten Einzeltäter, die sich selbst radikalisierten und nicht kommunizierten, so dass die Behörden gar nicht wüssten, dass eine Gefahr drohe.

Präsident des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen
Was tun zur Prävention?
Die Diskussion dreht sich aber nicht nur um verschärfte Sicherheitsvorkehrungen, sondern auch um präventive Maßnahmen. Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt fordert, weitere Betreuungsangebote für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge einzurichten. Die jungen Menschen benötigten eine Perspektive, sagte die SPD-Politikerin im NDR. „Sie ist der beste Schutz vor einer Radikalisierung.“
Die Kommunen fordern, flächendeckend Islamunterricht an Schulen einzurichten. „Es ist angemessen, Islamunterricht auch an staatlichen oder staatlich kontrollierten Schulen anzubieten“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg der „Rheinischen Post“. Dadurch gewinne der Staat mehr Kontrolle über die Erziehung muslimischer Jugendlicher.
„Ideologie entsteht nicht in zwei Tagen“
Daran, dass sich der Täter von Würzburg, innerhalb kürzester Zeit selbst radikalisiert hat, glaubt der Psychologe Ahmad Mansour nicht. Ideologie entstehe „nicht innerhalb von zwei Tagen“, es handle sich um „Denkmuster und Werte, die dieser junge Mann und andere eigentlich schon in der Erziehung mitbekommen“, sagte Mansour im Deutschlandfunk. Sobald Krisen auftauchten, könne dies dann zu einer weiteren Radikalisierung führen.
Der Islam-Experte fordert eine Debatte über den Umgang mit diesen Werten. Es brauche Menschen, die junge Flüchtlinge langfristig betreuten und für diese Gesellschaft begeisterten. „Wie wir mit Migration umgehen und Integration, ist eine Mammutaufgabe“, so Mansour.
von
Günter Schwarz – 20.07.2016