Diskussion über Ortsschilder ohne Ende
Man kann es schon nicht mehr hören im Raum Nordschleswig oder Sønderjylland: „Dann können wir unsere Schilder ja gleich auf Arabisch machen!“
Dieser Spruch in abgewandelter Form, er ist immer wieder zu lesen und zu hören, wenn es um den Wunsch der deutschen Minderheit in Nordschleswig nach zweisprachigen Ortsschildern in kulturell auch deutsch geprägten Ortschaften geht.
Auch beliebt zu sagen ist: „Sind die etwa zu blöd, um zu kapieren, dass sie in Sonderburg sind, wenn da Sønderborg steht?“
Nein, sind „die“ nicht!
Schilder haben durchaus noch andere Funktionen, als nur den Weg zu weisen, da sie auch Symbolkraft haben. Zweisprachige Ortsschilder zum Beispiel haben die Symbolkraft, Einheimischen, Besuchern und Durchreisenden zu signalisieren: Hier sind mehrere Kulturen zu Hause, und hier respektiert man sich. Auf der deutschen Seite der Grenze hat man mit zweisprachigen Ortsschildern in Deutsch und Dänisch keinerlei Probleme. Sie gehören bereits seit Jahren zu den Ortsbildern, und niemand stört sich daran oder fühlt sich dadurch provoziert oder in seiner „nationalen Ehre“ verletzt.
Dass Transportminister H. C. Schmidt jetzt, wie angekündigt, die Initiative ergreift, um bürokratische Hürden für die mehrsprachige Beschilderung aus dem Weg zu räumen, ehrt ihn. Wie BDN-Chef Jürgensen zu Recht anmerkt. Es ändert das aber nichts daran, dass die Kommunen sich von sich aus dazu entscheiden müssen, den Mut aufzubringen, gegen die, die am lautesten schreien, den Weg der Vernunft, der Versöhnung, des Respekts und der Freundschaft zu gehen.
Die Argumente der Gegner müssen ernst genommen werden – aber auch sie sollten sich der Fairness halber auf die Argumente derer einlassen, die die zweisprachigen Schilder wollen. Wer zum Beispiel dazu einen Radiobeitrag aus Tønder auf 24syv hört (auf der Internetseite radio24syv.dk unter dem Programm „Reporterne“ vom 8. Juli nachzuhören), der merkt, dass sich in der Debatte viele Gegenargumente auflösen, viele „Sorgen“ besänftigen lassen.
Wichtig ist also der Dialog, in dem beide Seiten nicht nur die Klappe – sondern auch die Ohren aufreißen, um es salopp zu formulieren.
In diesem Sinne ist es einerseits positiv, dass das Transportministerium einen ganz kleinen symbolischen Schritt macht. Doch wenn der Minister gleichzeitig damit argumentiert, dass mehrsprachige Ortsschilder der Orientierung ausländischer Gäste helfen sollen, dann zeigt er, dass er entweder den Kern der Debatte nicht begriffen hat – oder dass er dieser Debatte ausweichen will, weil er möglicherweise befürchtet, dass die, die am lautesten schreien, dann wieder mit dem Gebrüll anfangen würden.
Es ist zu vermuten, dass er sich als Nordschleswiger und langjähriger Kenner und Ansprechpartner der Minderheit der wahren Intentionen hinter den Ortsschild-Wünschen bewusst ist, vielleicht sogar damit sympathisiert.
Ist es also die Angst vor der eigenen Courage, die ihn daran hindert, wenn schon nicht Stellung zu beziehen, so doch wenigstens die wahren Argumente für zweisprachige Ortsschilder ins Spiel zu bringen?
Unterm Strich steht: Mit dem Vorschlag, den Kommunen die Entscheidung zu überlassen, hat Schmidt einen Stein aus dem Weg geräumt – und sich zugleich in gewohnter Politikermanier aller Mitverantwortung entledigt.
von
Günter Schwarz – 21.07.2016