Gewalt und Terror haben Bayern erreicht. Nach dem Attentat in Würzburg traf es jetzt München. Das Gefühl der Sicherheit ist dahin. Was das für uns heißt

Man hört den Satz dieser Tage vielerorts: Die Welt ist aus den Fugen. Das ist übertrieben. Aber wir leben in gefährlichen Zeiten.

Bei dem Attentat Freitagabend in München hat es mehrere Tote und Verletzte gegeben. Eine ganze Stadt verharrte in Angst. Der Schock sitzt tief. Menschen verbarrikadierten sich in ihren Wohnungen. Geschäfte verschlossen Türen, um Kunden zu schützen. Videos von schießenden Tätern verbreiteten sich über soziale Netzwerke.

Der Albtraum von München ist der aktuellste Fall in einer Kette grausamer Ereignisse. Vielleicht haben uns in den vergangenen Wochen sogar mehr furchtbare Nachrichten erreicht als sonst in einem ganzen Jahr.
Das Schlimme ist: Terror und Amokläufe sind nicht beherrschbar. München, Würzburg und zuvor Nizza führen uns vor Augen: Jeder kann Opfer eines Terroranschlags werden. Immer und überall. Und das verbreitet das Gefühl von Machtlosigkeit und Angst. Das Gefühl der Sicherheit ist für viele Menschen dahin.

Früher brauchte der Terror eine Organisation. Die Mörder schmiedeten sorgfältig Pläne. Wer ein Attentat beabsichtigte, musste einen Aufwand betreiben. Das galt für Banden wie die italienischen Roten Brigaden oder die deutsche RAF. Und das galt später für Al-Kaida.

Für den Islamischen Staat gilt das nicht. Das Kalifat radikalisiert Männer in aller Welt mit Hassbotschaften und Lügen, die es über das Internet verbreitet. Sogenannte einsame Wölfe können überall vor Computern sitzen und in die Falle der skrupellosen Terror-Anstifter tappen.

Unter ihrer schwarzen Fahne führen die Fundamentalisten einen Cyber-Dschihad, der überall zuschlagen kann, wenn er zufällig auf einen Menschen trifft, der das Gleichgewicht verloren hat. Das kann ein tunesischer Lieferfahrer in Nizza sein oder ein afghanischer Bäckerpraktikant in Ochsenfurt. Statt aufwendiger Planung brauchen sie nicht mehr als ein Messer, ein Beil oder einen gemieteten Lastwagen.
Die Münchner Horrortat könnte anders gelagert sein

Diese islamistischen Amokläufer sind kaum zu stoppen. Gegen sie hilft in unserer freien Gesellschaft keine Flüchtlings-Obergrenze, keine noch so genaue Registrierung an den Grenzen. Theoretisch kann sich jeder Biedermann in wenigen Tagen radikalisieren und zuschlagen. So bitter es ist: Gegen diese Bedrohung haben wir derzeit kein Mittel.

Die Münchner Horrortat könnte anders gelagert sein. Es gab bis zum späten Freitagabend keine gesicherten Hinweise auf die Motive des Täters. Es verbreiteten sich zwar wilde Spekulationen im Internet. Ein Beleg für einen islamistischen Hintergrund fehlte zunächst.

Für eine erste Beurteilung der Arbeit der Münchner Sicherheitskräfte ist es noch zu früh. Die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei war in jedem Fall souverän. Ein Sprecher informierte professionell. Über die sozialen Medien wie Twitter und Facebook publizierte die Polizei aktuell und sachlich Warnhinweise in mehreren Sprachen.

In diesen Wochen des Irrsinns wird klar, dass wir keine Insel der Geborgenheit sein können. Globale Konflikte entladen sich vor unserer Haustür. Wir müssen damit leben, Gelassenheit im Umgang damit lernen, einen kühlen Kopf bewahren und auf eine verlässliche politische Führung setzen.

Deutschland ist trotz der aktuellen Attentate eines der sichersten Länder der Welt. Aber in einer freien Gesellschaft gibt es keine hundertprozentige Sicherheit. Unsere Werte zu verteidigen und wachsam zu sein, wird immer wichtiger. Für Politiker, für Polizisten wie für uns. Damit unsere Welt in den Fugen bleibt.

von

Günter Schwarz – 23.07.2016