Lenkt der türkische Präsident in seinem Vorgehen gegen seine Gegner etwas ein? Er kündigte an, alle Beleidigungsklagen zurückzuziehen.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat den Rückzug aller von ihm eingereichten Beleidigungsklagen angekündigt. Als Zeichen des guten Willens ziehe er die gegen hunderte Menschen eingereichten Klagen wegen Präsidentenbeleidigung zurück, erklärte Erdogan am Freitagabend im Präsidentenpalast in Ankara. Dies sei eine Einmal-Geste, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters zudem.

Vor einigen Monaten hatte der Justizminister berichtet, dass in der Türkei gut 1800 solcher Verfahren anhängig sind, darunter gegen eine Reihe von Oppositionspolitikern. Unklar blieb am Freitagabend zunächst, ob sich die Ankündigung nur für in der Türkei anhängige Klagen Erdogans gilt. In diesem Fall wäre etwa der Fall des TV-Moderators Jan Böhmermann, wegen dessen Schmähgedicht der türkische Staatschef juristische Schritte eingeleitet hatte, nicht davon betroffen.

„EU soll sich um eigene Angelegenheiten kümmern“

Zugleich rief Erdogan am Freitagabend die Europäische Union und die USA auf, sich „um ihre eigenen Angelegenheiten“ zu kümmern, statt seinem Land Ratschläge zu erteilen. Er beklagte zudem mangelnde Anteilnahme und Solidarität nach dem Umsturzversuch. So seien etwa aus der EU und anderen westlichen Staaten keine Repräsentanten angereist, um zu kondolieren, beklagte er unter Verweis auf 237 getötete Zivilisten und loyale Sicherheitskräfte. Kritikern hielt er vor, auf der Seite der Putschisten zu stehen.

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dpa  – 30.07.2016