Tief bewegt haben Kirchenvertreter und Politiker an die Opfer des Amoklaufs in München erinnert. In einem ökonomischen Gottesdienst im Münchner Liebfrauendom und einem Trauerakt im Landtag zeigten sie ihr Mitgefühl. Auch Bundespräsident Gauck und Kanzlerin Merkel nahmen an den Feiern teil.

Man mag sich keinen schlimmeren Anlass vorstellen, um zusammenzutreffen, sagte eine sichtlich bewegte Landtagspräsidentin zu Beginn des Traueraktes im Plenarsaal des Landtags. Dennoch tue es gut, gemeinsam innezuhalten, so Barbara Stamm. Jetzt gelte es, ein Zeichen zu setzen. Das Verbrechen lasse uns sprachlos zurück. Vor allem junge Menschen seien bei dem Amoklauf ums Leben gekommen. Auch die Attentate von Würzburg und Ansbach führten vor Augen, wie kostbar und verletzlich das Leben ist, so die Landtagspräsidentin.

Hilfe von Bürgern

In München hätten am Abend des Amoklaufes viele Bürger Gestrandete aufgenommen, die nicht mehr nach Hause kamen, so Stamm. München habe gezeigt: Die Bürgergesellschaft hat Bestand und sie gibt Halt. Stamm erinnerte daran, dass jede freiheitliche Gesellschaft verwundbar sei. Wichtig sei jedoch der Zusammenhalt. Das schaffe Stärke und Sicherheit. Stamm dankte den vielen Helfern und Einsatzkräften:

„Wir wollen an Ihrer Seite sein“

Bundespräsident Joachim Gauck zu Beginn seiner Ansprache. Neun Menschen seien tot, weil ein zehnter entschied, ihnen das Leben zu nehmen. Gauck nannte mit brüchiger Stimme die Namen der Opfer. Bei allen offenen Fragen habe der 22. Juli aber auch gezeigt, wozu Menschen auch im Positiven fähig seien. Die Hilfsbereitschaft der Münchner habe ihn sehr bewegt, so Gauck. Wenn solch eine schlimme Tat geschehe, müsse man sich auch die eigene Ratlosigkeit eingestehen. Er bezog sich dabei sowohl auf den Amokläufer von München als auch auf die Attentäter in Ansbach und Würzburg.

Bundespräsident Joachim Gauck über Amokläufer und Terroristen

Gauck dankte ebenfalls den Einsatzkräften. Ganz persönlich wandte er sich an die Angehörigen der Todesopfer: „Wir wollen an Ihrer Seite sein.“

„Schwierigster Moment in meinem Leben“

Ministerpräsident Horst Seehofer zeigte sich schockiert und erschüttert. Seit Tagen trage das Land tiefe Trauer. Dies sei der schwierigste Moment in seinem Leben, sagte der Ministerpräsident. Die Anteilnahme so vieler Menschen habe ihn jedoch dankbar und hoffnungsvoll gestimmt. Bayern aber sei im Mark getroffen, auch von den Attentaten von Ansbach und Würzburg. Er sei unendlich dankbar für all die Haupt- und Ehrenamtlichen im Land.

Dennoch habe die Mitmenschlichkeit über den Terror gesiegt. Seehofer kündigte an, die Arbeit der Sicherheitsapparate zu stärken. Dies sei die notwendige Antwort eines starken Rechtsstaates. Und das sei man auch den Opfern und ihren Angehörigen schuldig. Sicherheit sei die oberste Pflicht des Staates. Die Regierung dürfe nicht tatenlos zusehen, wenn die Sicherheit und die Gesundheit der Bevölkerung auf dem Spiel stehen. Den Angehörigen wünschte Seehofer gute Freunde, mit denen sie weinen – und irgendwann auch wieder lachen könnten.

Erschütterung über sinnlose Tat

München sei nach wie vor tief erschüttert, sagte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter über die „sinnlose Tat“, die so viel Leid und Tod über die Stadt gebracht habe. Die Beisetzungen der jungen Opfer in den vergangenen Tagen seien für ihn die traurigsten Momente seiner Amtszeit gewesen, so Reiter. Er wolle nach wie vor alles dafür tun, dass es auch künftig ein gemeinsames München für alle gebe, kündigte Reiter im Zusammenhang mit dem Migrationshintergrund vieler der Opfer an.

Besonders bewegt habe ihn eine Geste aus Paris, als der Eiffelturm in den Farben Deutschlands leuchtete. Es seien wahrhaft schwere Wochen, für München, für Bayern, für die gesamte Republik. München habe aber gezeigt, dass man auch in dunklen Zeiten zusammenstehe. München werde den Opfern ein ehrendes Andenken bewahren, betonte der Oberbürgermeister. Der Münchner Stadtrat hatte sich bereits fraktionsübergreifend für ein Denkmal am Olympia Einkaufszentrum stark gemacht.

Liebfrauendom – ein Ort für alle

Zuvor gab es in der Münchner Frauenkirche einen ökumenischen Gottesdienst mit Kardinal Reinhard Marx und dem evangelischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Der Kardinal sagte, die Türme der Frauenkirche gehören nicht nur den Christen, sondern allen Menschen. Deshalb sei hier der richtige Ort für die Trauerfeier und die Anteilnahme. Amokläufer wollten Misstrauen säen, um die Atmosphäre zu vergiften. Die Reaktion dürfe nicht Ohnmacht sein. Die Klage aber sei wichtig. Sie verwandle sich in Hoffnung.

Hohe Sicherheitsmaßnahmen

Für beide Veranstaltungen mit Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck waren hohe Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen. Fast zeitgleich mit dem Gottesdienst gab es zwei Versammlungen im Innenstadtbereich. Hier war die Polizei ebenfalls verstärkt im Einsatz – in erster Linie, um das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger zu stärken.

Im Anschluss an die Veranstaltung im Bayerischen Landtag wollte der Bundespräsident mit Angehörigen der Opfer zusammenkommen, sagte eine Sprecherin des Präsidialamts.

von

Günter Schwarz – 01.08.2016