Nach mehr als 20 Jahren legt die Bundesregierung ein neues Notfallkonzept für Katastrophen und große Terroranschläge vor. Es soll unter anderem die Versorgung mit Trinkwasser, Nahrungsmitteln, Öl und Strom oder auch die Lagerung von Impfstoffen oder Antibiotika regeln.

Nach Angaben des Innenministeriums befindet sich der Entwurf noch in der Ressortabstimmung, das Kabinett werde aber „zeitnah“ darüber entscheiden. Die Neukonzeption sei bereits seit langem geplant und habe nichts mit aktuellen Terrorgefahren zu tun, hieß es.

Wenn im Katastrophenfall eine Millionenstadt evakuiert werden müsste, gäbe es schnell Kapazitätsprobleme. Aus dem Entwurf für die neue „Konzeption Zivile Verteidigung“ der Bundesregierung geht hervor, dass sich die Behörden darauf verständigt haben, Evakuierungsplätze in Höhe von einem Prozent der Wohnbevölkerung bereitzuhalten. Stephan Harbarth, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, verwies darauf, dass bundesweit insgesamt rund 800.000 Notfallplätze vorgesehen seien. „Das ist nicht wenig, und doch wären mehr Plätze sicherlich immer wünschenswert“, sagte der CDU-Innenexperte.

Das gültige Konzept für „zivile Verteidigung“ stammt aus dem Jahr 1995. Die „Bild“-Zeitung zitierte am Donnerstag unter anderem folgende Punkte aus dem 69-seitigen Entwurf für eine Neuauflage:

– Eine Trinkwasserversorgung für 14 Tage soll über den Bau von Brunnen sichergestellt werden.

– An 140 Standorten sollen Erdölreserven für 90 Tage gelagert werden.

– Bund und Länder sollen ein „Gesamtkonzept Notstrom“ erarbeiten, um die Minimalversorgung an Energie zu sichern.

– Es werde geprüft, ob ein Vorrat von Schutzanzügen und -masken für biologische, chemische oder nukleare Kampfstoffe angelegt werden soll. Bei einem Angriff oder Anschlag mit sogenannten ABC-Waffen sollen vor Krankenhäusern Dekontaminationsstellen eingerichtet werden.

– Künftig sollen im Katstrophenfall nicht nur über Radio, Fernsehen, Sirenen und Lautsprecherdurchsagen, sondern auch per SMS und Internet Warnungen verbreitet werden.

– Ein Drittel der Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks soll innerhalb von 24 Stunden einsetzbar sein.

Das Innenministerium wollte sich zu den Inhalten des Entwurfs nicht äußern. Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka begrüßte das neue Zivilschutzkonzept: „Die Katastrophenszenarien für Deutschland haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten erheblich verändert“, erklärte er. „Die Zivilbevölkerung oder auch staatliche Institutionen sind nicht zuletzt aufgrund terroristischer Bedrohungen neuartigen Gefahren ausgesetzt.“

Das noch unter Verschluss gehaltene neue Konzept wird derzeit zwischen den Bundesministerien diskutiert und soll noch im August vom Bundeskabinett beschlossen werden. Der vorliegende Entwurf nimmt konkret Bezug auf die Terroranschläge von 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York, auf die Reaktorhavarie im japanischen Fukushima  vom 11. März 2011 und mehrerer Hochwasserkatastrophen wie die Oder- und Elbehochwasser im Lande.

von

Günter Schwarz – 06.08.2016