Im Sitzen ein VIP-Ticket für Wacken zu verdienen, ist gar kein schlechter Deal, oder? Es scheint so, denn viele Wacken-Fans lassen sich die Gelegenheit nicht entgehen, um so an ein VIP-Upgrade zu kommen. Dann nehmen sie auf einem der knapp vier Meter hohen Pfähle Platz, die mitten auf dem Wacken-Gelände stehen. Das Ganze hat aber einen kleinen Haken. Denn man muss insgesamt sechs Stunden dort oben verbringen. So wie Daniel Dreudel aus Ludwigshafen. Ihn hat das VIP-Upgrade geködert. Und jetzt sitzt er.

„So schlimm ist das gar nicht“

Am Anfang war alles noch ganz easy. Von Stunde zu Stunde merkt er das Holz unter dem Hintern immer mehr. Aber er will nicht jammern: „So schlimm wie man sich das vorstellt, ist das gar nicht.“ Den Pfahl darf er zehn Minuten verlassen – und zwar zum Pinkeln. „Die Pinkelpause zwischendurch hilft“, sagt Dreudel. „Vor allem hat man eine tolle Aussicht da oben. Und die Zeit geht auch vorbei.“ Von oben beobachtet er die Bands auf den Bühnen, liest zwischendurch Zeitung, hört natürlich die Musik – und er kann sich mit den Wacken-Fans unterhalten. Vor allem bei schönem Wetter.

Seit mehr als fünf Stunden sitzt er nun da oben

„Die letzte halbe Stunde schaffe ich jetzt auch noch“, ist der Ludwigshafener überzeugt. Auch Jörn Brunn von der Wacken-Foundation ist zuversichtlich. Er ist für die Aufsicht zuständig. Und er erzählt, es gebe eigentlich keinen, der das nicht durchhält. Wer sich entschieden hat, der ziehe das auch durch. Aber die letzten 30 Minuten seien am unangenehmsten. „Aber wenn es das Upgrade gibt, dann sind alle wieder entspannt am Hintern und freuen sich“, grinst Brunn. Mitleid brauche man nicht zu haben. Jetzt bekommt Daniel sein VIP-Upgrade. Damit darf er auf dem VIP-Platz campen und sich auch im VIP-Bereich aufhalten. „Cool!“, findet er.

Probesitzen ist möglich – aber es sind nicht alle begeistert

Normalerweise bewirbt man sich über das Internet für das Pfahlsitzen. Es gibt feste Termine, eine Crew empfängt die Bewerber und betreut sie während der Zeit. Zusätzlich gibt es spontane Fan-Aktionen. Dann können auch Festival-Teilnehmer mitmachen. Auch Isabelle Rudnik aus Lenste in Ostholstein probiert den Pfahl aus. Aber sie will dort keine sechs Stunden absitzen. „Die Aussicht ist toll!“ Aber dann würden ihr die Stunden auf dem Festival fehlen – es gäbe so viel zu sehen und zu feiern, da ist die normale Zeit ja schon knapp, lacht sie und verschwindet in den Massen.

Das Pfahlsitzen dient dem guten Zweck: Zwei Sponsoren zahlen für jede abgesessene Stunde zehn Euro. Das Geld geht an die Wacken-Foundation. Sie unterstützt Newcomer-Bands mit Geld und Ausrüstung in Form von zinslosen Darlehen.

von

Günter Schwarz – 06.08.2016