Erdoğan-Chefberater an den österreichischen Bundeskanzler Kern: „Verpiss dich, Ungläubiger“
Erdoğan-Chefberater an den österreichischen Bundeskanzler Kern: „Verpiss dich, Ungläubiger“
Die Töne aus Ankara in Richtung Wien werden rauer. Nachdem der türkische Außenminister Ahmet Cavusoglu Österreich am Freitag als Wien „Hauptstadt des radikalen Rassismus“ bezeichnet hatte, legte der Chefberater, Burhan Kuzu ,von Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Wochenende noch einmal nach.
Auf Twitter schrieb Burhan Kuzu laut „krone.at“ an Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ): „Verpiss dich, Ungläubiger!“

Kuzu ist bekannt dafür, dass er vor deftigen Stellungnahmen nicht zurückschreckt. Anfang Juni kommentierte er den Beschluss des deutschen Bundestags, die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 101 Jahren als „Völkermord“ einzustufen, ebenfalls via Kurznachrichtendienst mit den Worten: „Schäme Dich, Deutschland. Kümmere Dich erst um Deine eigene schmutzige Geschichte. Ist Hitler etwa Türke?“ „Die türkischstämmigen Abgeordneten im deutschen Parlament, die die Völkermordentscheidung unterschrieben haben, sollen keinen Fuß mehr in dieses Land setzen“, forderte das Vorstandsmitglied von Erdoğans islamisch-konservativer Regierungspartei AKP damals.
Doch jetzt werden die Beleidigungen türkischer Politiker aus dem „miefigen Dunstkreis“ des Autokraten Recep Tayyip Erdoğan gegen europäische Politiker derber und gehen weit unterhalb die Gürtellinie, was nicht länger zu akzeptieren ist.
Türkei empört über Kurz und Kern
Die türkische Regierung ist empört darüber, dass sich Kern und auch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) in der EU dafür stark machen wollen, einen Ausstieg aus den Beitrittsgesprächen mit Ankara zu überlegen.
Juncker will Ankara nicht entgegenkommen
Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will der Türkei im Streit um die Visafreiheit nicht entgegenkommen. Zugleich bekräftigte er die Notwendigkeit, an der Flüchtlingsvereinbarung mit Ankara festzuhalten. Die Europäische Union habe zu Beginn des Jahres nicht länger zuschauen können, „wie Zehntausende in der Ägäis sterben“, sagte er dem Berliner „Tagesspiegel“.
Die EU müsse auch mit schwierigen Nachbarn wie der Türkei zusammenarbeiten, sagte Juncker. „Nicht, weil wir diese oder deren Regierungen alle besonders lieben“, sondern um menschliches Leid zu lindern.
Zur Visafreiheit sagte der EU-Kommissionschef: „Grundrechte, wie etwa die Pressefreiheit, dürfen nicht einfach mit dem Hinweis auf die Anti-Terror-Gesetzgebung ausgehebelt werden.“ Die EU verlangt von der Türkei unter anderem eine Änderung der Anti-Terror-Gesetzgebung, bevor die geplante Visafreiheit für Türken in der EU eingeführt werden kann.
Kritik an Zusammenarbeit mit Erdoğan
Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hatte dem Magazin „Focus“ mit Blick auf ein mögliches Platzen des Flüchtlingsdeals gesagt, wenn die EU über einen starken Grenzschutz verfüge, erübrige sich ein solches Abkommen. Die Türkei nimmt seit April auf den griechischen Inseln ankommende Flüchtlinge zurück. Die Flüchtlingszahlen in Europa sind deutlich gesunken.
Allerdings wächst angesichts der innenpolitischen Ereignisse in der Türkei die Kritik an der Zusammenarbeit mit Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Seit dem gescheiterten Putschversuch Mitte Juli geht Erdoğan mit harter Hand gegen vermutete Gegner vor. Zehntausende wurden verhaftet oder entlassen, darunter Richter, Staatsanwälte und Journalisten. Zuletzt hatte die Türkei mit der Aufkündigung des Flüchtlingsabkommens gedroht, sollte das Land nicht bis Oktober die Visafreiheit erhalten.
von
Günter Schwarz – 08.08.2016