Was hat Trump nur mit Russland zu tun?
Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump zeichnet sich durch ein seltsames Streben nach Moskau aus: Sympathiebekundungen für Putin, umstrittene Aussagen zur Annexion der Krim – und wenn es um Russland geht, bricht Trump mit den Grundlinien seiner Partei. Dieses scheinbare Wohlwollen gegenüber Moskau könnte mit seiner Vergangenheit zu tun haben.
Fast wären sie sich schon einmal begegnet. Im November 2013 reiste Donald Trump nach Moskau, um den Miss Universe Contest auszurichten. In einer Twitter-Nachricht fragte er, ob Wladimir Putin wohl sein neuer bester Freund werden würde. Zu einer Begegnung zwischen Trump und dem russischen Präsidenten kam es aber nicht. Zwei Jahre später macht sich der republikanische Präsidentschaftskandidat immer wieder für eine Zusammenarbeit mit Russland stark. Er sagt, dass er sich gut mit Putin verstehen würde und dass man einen Deal mit ihm in Syrien machen müsse. Unter dem Wenigen, was sich bislang als Außenpolitik Trumps abzeichnet, sticht das auffällig heraus.
Als der Milliardär vor kurzem gefragt wurde, ob er als Präsident die Annexion der Krim anerkennen würde, sagte er: „Das werden wir uns anschauen.“ Zugleich rief er Moskau dazu auf, verschwundene E-Mails von Hillary Clinton aus ihrer Zeit als Außenministerin zu suchen. Da war die Empörung darüber, dass Moskau hinter dem Hacker-Angriff auf die Demokraten stecken könnte, gerade auf dem Höhepunkt. Es ist eigentlich Konsens unter Außen- und Sicherheitsfachleuten in Washington, dass Putin ein Autokrat ist, dem man nicht über den Weg trauen kann.
Trumps politische Standpunkte zeichnen sich meist dadurch aus, dass sie konträr zur Doktrin der Obama-Regierung stehen. Aber beim Thema Russland bricht er auch auf fundamentale Weise mit seiner eigenen Partei. Die beiden letzten republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney und John McCain setzten Putin ganz oben auf die Liste von Amerikas Widersachern.
Aussagen zum Ukraine-Konflikt irritieren
Auch der Ukraine-Konflikt war bislang eines der wenigen außenpolitischen Themen, bei dem so etwas wie überparteiliche Einigkeit herrschte. Aber auf dem Parteitag der Republikaner in Cleveland setzten Trumps Leute durch, dass eine Passage dazu im Parteiprogramm abgeschwächt wurde. Ursprünglich war dort von Waffenlieferungen an Kiew die Rede. Das fehlt nun.
Trump hat schon öfters erkennen lassen, dass er den Konflikt nicht als Problem Amerikas erachtet, sondern als das der Europäer. In einem Interview irritierte er nun mit dem Satz, Putin werde nicht in die Ukraine einmarschieren. Das wurde ihm als peinlicher Fehler ausgelegt, musste der Moderator ihn doch erst an die Annexion der Krim erinnern. Für den Autor Zack Beauchamp ist das zu kurz gegriffen: „Trumps Punkt schien viel mehr zu sein, dass Russland mit ihm als Präsidenten nicht damit fortfahren würde, Soldaten in die Ukraine zu schicken“, schrieb Beauchamp beim Portal Vox.
In all dem Aufruhr über Trumps scheinbare Ahnungslosigkeit ging eine andere Passage des Interviews zudem fast unter: Dass der Präsidentschaftskandidat erklärte, die Menschen auf der Krim würden ohnehin lieber zu Russland gehören als zur Ukraine. Was hat Trump nur mit Moskau?
Die Männer im Hintergrund
Manche machen vor allem drei Männer in seinem Umfeld für die Bestrebungen verantwortlich. Da wäre Carter Page, der im März als außenpolitischer Berater in Trumps Team kam. Laut Lebenslauf arbeitete er drei Jahre lang für die US-Bank Merrill Lynch in Moskau und kam in dieser Zeit auch mit dem Energieriesen Gazprom in Kontakt. Immer wieder kritisierte Page die Sanktionen gegen Russland. Am 7. Juli sprach er in Moskau bei einer Veranstaltung der New Economic School (NES). Die amerikanische Politik kam dabei nicht gut weg. Spekulationen, wonach Page in der Hauptstadt den mächtigen Kreml-Verwaltungschef Sergej Iwanow getroffen haben soll, wurden von Putins Sprecher Dmitri Peskow dementiert.
Da wäre der Ex-General Michael Flynn, der einst Chef des US-Geheimdienstes DIA war. Im Ruhestand trat Flynn immer wieder als Experte im staatlichen russischen TV-Sender Russia Today (RT) auf, wo er sich unter anderem für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den USA und Russland beim Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ stark machte. Auch Flynn berät Trump in außenpolitischen Fragen.
Das wäre zudem Paul Manafort, Trumps Wahlkampfmanager, der eine ambivalente Karriere als Lobbyist hinter sich hat. Zu seinen früheren Auftraggebern zählte auch der ukrainische Ex-Präsident Viktor Janukowitsch. Vor allem Manafort wird eine große Rolle beim Thema Moskau zugeschrieben. Aber Trump habe auch schon wohlwollend über Russland gesprochen, als der 67-Jährige noch gar nicht für ihn arbeitete, meint E. Wayne Merry vom American Foreign Policy Council.
Blick des Geschäftsmanns
Die „Washington Post“ schreibt, Trumps Interesse an Russland speise sich zu einem Großteil aus seiner unternehmerischen Vergangenheit. Seine Weltsicht sei durch den Blick des Geschäftsmannes geprägt, weniger durch außenpolitische Denkfabriken.
Seit den 1980er Jahren reiste er auf der Suche nach Investitionen immer wieder nach Moskau, seine Bestrebungen scheiterten allerdings. An seinem Loblied änderte das nichts. Noch 2013 erzählte er begeistert davon, bei einer Party mit fast allen russischen Oligarchen in einem Raum gewesen zu sein.
Die russischen Medien berichten unterdessen seit Wochen sehr breit über den Wahlkampf. Angesichts der dominanten Themen Ukraine, Hackerangriff und Nato titelte die Zeitung RBK: „Im Rennen um das US-Präsidentenamt führt Russland“. Grundsätzlich weiß der Kreml, dass ein möglicher Präsident Trump US-Interessen vertreten würde. Aber er sendet andere Signale als Hillary Clinton, die Putin 2014 mit Hitler verglichen hatte. Das ist in Moskau weder vergeben noch vergessen.
von
Günter Schwarz – 07.08.2016