Namensgeber für Sozialabbau: Peter Hartz feierte gestern seinen 75. Geburtstag
Am Ende sollte Gerhard Schröders Kanzlerschaft vor allem mit einem Namen verbunden bleiben: Peter Hartz. Vom VW-Arbeitsdirektor schaffte es der Saarländer bis zum Regierungsberater. Heute stehen die Hartz-Reformen für den größten Einschnitt in den deutschen Sozialstaat. Dabei waren die anfänglichen Pläne weit weniger restriktiv als das Endergebnis. 2005 stolperte Peter Hartz über die „Lustreisen“-Affäre und musste den VW-Vorstand verlassen. Heute feiert er seinen 75. Geburtstag.
Dass sein Name einmal ein Synonym für ökonomischen Abstieg sein könnte, damit rechnete Peter Hartz wohl nicht, als ihn der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder Anfang des Jahres 2002 zum Top-Berater in Sachen Arbeitsmarkt- und Sozialstaatsreform machte. Schon zuvor legte der Saarländer als Arbeitsdirektor im VW-Vorstand eine eindrucksvolle Karriere hin. Immer wieder gelang es ihm auch krisenhafte Situationen ohne betriebsbedingte Kündigungen zu meistern. Anfang 2000 stand der Name Hartz vor allem für innovative Personalpolitik, die zwischen den beteiligten Interessenlagen geschickt vermittelte.

Es sind vor allem die „Hartz IV“-Reformen, die nicht nur das Ende der SPD als „Partei des kleinen Mannes“ besiegelten, sondern auch den größten gesellschaftlichen Zündstoff des Maßnahmenpaketes mit sich brachten. Heute beziehen rund 4,3 Millionen Menschen in Deutschland Arbeitslosengeld II, so die offizielle Bezeichnung von „Hartz IV“. Hinzu kommen rund 820.000 Empfänger von Arbeitslosengeld I. Zum Zeitpunkt der Einberufung der Hartz-Kommission zählte Deutschland 3,8 Millionen Arbeitslose. Peter Hartz wollte die Zahl innerhalb von drei Jahren halbieren. Allenfalls mittels manipulierter Statistikauswertungen gelingt es manchen Befürwortern der Reformen noch heute diese als Erfolg zu präsentieren.

Doch die von der Hartz-Kommission erarbeiteten Vorschläge waren weit entfernt von der einseitigen Zwangs-Maschine für die ALG II heute steht. Nicht nur schlug der Entwurf eine Grundstütze von 511 Euro (statt wie später umgesetzt 345 Euro) vor, auch die Sanktionspraxis war nicht Teil des ursprünglichen Hartz-Konzeptes. Gerade mit diesem Instrument zwingen Jobcenter heute jedoch ihre „Fälle“ in miserabel bezahlte Leiharbeiter- oder Ein-Euro-Jobs. Ebenfalls gängige Praxis: Wer einen Termin nicht wahrnehmen kann, rutscht schnell dank Kürzungen weit unter das Existenzminimum.
Steinmeier IV oder Bertelsmann IV wäre passender
Das Label ist alles andere als fair. Wie Prof. Dr. jur. Helga Spindler im Jahr 2012 mit dem Beitrag „Die Ghostwriter der Hartz Kommission“ aufdeckte waren es viel mehr im Hintergrund arbeitende Berater des Kanzleramtes, des Bundesarbeitsministeriums und der Bertelsmann Stiftung, welche die heute gefürchteten Daumenschrauben in der Hartz-Gesetzgebung installierten.
von
Günter Schwarz – 10.08.2016