Die Diskussion über Innere Sicherheit ist voll entbrannt. Doch was die Unions-Innenminister planen, bedient vor allem den Stammtisch. Und mehr noch, denn so nebensächliche Themen wie das Burkaverbot und die teilweise Aufhebung der Schweigepflicht von Ärzten lenkten von den eigentlichen Problemen im Kampf gegen Terrorismus ab.

Die Unions-Innenminister der Länder lassen sich bei ihrer Arbeit an neuen Sicherheitsideen offensichtlich vor allem von der Frage leiten, wie viel Stammtisch und AfD oder Pegida passt in ein politisches Konzept? Was in den Entwürfen für die geplante Berliner Erklärung steht, gibt lediglich den Populisten Zucker, aber macht Deutschland nicht einen Deut sicherer. Das gilt auch für Teile der bislang bekannt gewordener Konzepte, die Bundesinnenminister Thomas de Maizière morgen präsentieren will.

Geradezu haarsträubend ist der Vorschlag der Unionsminister aus den Ländern, die doppelte Staatsbürgerschaft abzuschaffen. Hier wird ein Thema in die Diskussion über Innere Sicherheit gerührt, das dort nichts zu suchen hat. Es ist kein Geheimnis, dass viele in der Union mit diesem Recht bis heute nicht ihren Frieden gemacht haben. Jetzt die doppelte Staatsbürgerschaft zum Gegenstand der Debatte über mehr Sicherheit im Land zu machen, ist politisch unterste Schublade. Wer sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzt weiß, dass die doppelte Staatsbürgerschaft eine Brücke zur Integration ist. Wenn nur eine Handvoll Ausnahmen die Regel bestätigen, kann das doch keineswegs die Regel in Frage stellen.

Jetzt so zu tun, als wären über vier Millionen, vor allem junge Menschen in Deutschland mit doppelter Staatsbürgerschaft eine Gefahr für die Sicherheit, vergiftet die Stimmung im Land. Es ist gut, dass aus der Bundesregierung ziemlich schnell das Signal gekommen ist, dass dieser Vorschlag keine Chance haben wird. Das den dürfte auch den Autoren, angesichts der Tatsache, dass mit der SPD die Mutter der doppelten Staatsbürgerschaft in der Regierung sitzt, klar gewesen sein.

Offensichtlich geht es den Unions-Scharfmachern in den Ländern vor allem darum, politisch ein bisschen zu zündeln. Was die Sache nicht besser, eher noch schlimmer macht. Auf der Populisten-Skala ebenfalls ziemlich weit oben rangiert der Vorschlag, ein Burka-Verbot in Deutschland einzuführen. Hat einer der islamistischen Attentäter der vergangenen Monate in Deutschland, Frankreich oder Belgien eine Burka getragen? Nein. Also, was soll der Quatsch1? Burka-Verbote gibt es in Europa unter anderem in Frankreich und in Belgien. Die Ereignisse in jüngster Vergangenheit vermitteln nicht den Eindruck, dass diese Verbote besonders vor Terrorismus schützen.

Auch der Inneminister Thomas de Maizière, eigentlich „Mister Sachlichkeit“, scheint ein wenig vom „Stammtisch-Virus“ seiner Länderkollegen infiziert zu sein. Das von ihm angestoßene Thema Schweigepflicht für Ärzte lenkt ab von den wirklichen Problemen im Kampf gegen Terrorismus und Radikalisierung. Mehr noch: Es ist eine Schaufensterdebatte, denn schon heute können Ärzte die Polizei anrufen, wenn ihnen ein Patient von Terrorplänen erzählt. Die Schweigepflicht kann schon jetzt nach den bestehenden Gesetzen gebrochen werden, wenn übergeordnete Gefahren drohen.

von

Günter Schwarz – 11.08.2016